Die 24 Stunden von Le Mans

Entwickler:  Melbourne House
Vertrieb:  Infogrames
URL:  www.infogrames.de
Genre:  Rennspiel
Spieler:  1-4
System:  PS2

Story - Gameplay - Präsentation - Fazit - Wertung



Endlich kommt auch die PlayStation 2 in den Genuss eines der besten Dreamcast-Rennspiele überhaupt. Das australische Entwicklerteam Melbourne House setzt den vor gut einem halben Jahr erschienenen Hochgeschwindigkeits-Racer nun auch auf Sonys Wundermaschine um. Mehr Autos, mehr Strecken, mehr... Ladezeiten.

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An den grundlegenden Features hat sich kaum etwas geändert: Die rasante Atlanta-Strecke ergänzt in zwei Variationen die zehn originalgetreu nachgebildeten Rundkurse der DC-Version. Neue Fahrzeuge der 2000er-Saison (beispielsweise GT-Corvettes) vergrößern das Fahrerfeld, insgesamt warten ca. 50 spielbare und zum Teil erst freizuschaltende Boliden auf nervenstarke Piloten. Als Spielmodi warten die üblichen Einzelrennen, nach Fahrzeugklassen unterteilte Meisterschaften, Trainingsläufe gegen die Uhr, Multiplayer-Matches sowie natürlich das titelgebende 24-Stunden-Spektakel. Neu im PS2-Repertoire ist der sogenannte "kleine" Le-Mans-Modus, welcher maximal zehn Stunden lang (das Minimum sind stets 10 Minuten bzw. 3 Runden) dauert. In (fast) all diesen Läufen lassen sich neue
Fahrzeuge und/oder Strecken freischalten, was ein praktischer Fortschrittsanzeiger
im Optionsmenü überwacht. Der Einfachkeit halber sollen die Events im Folgenden einzeln abgehandelt werden:
 

Schnelles Rennen: Das Übliche - Rundenzahl und Schwierigkeit festgelegt, ab auf die Piste. Anfangs stehen nur vier Strecken zur Verfügung, hier erwirbt man sich die restlichen sechs sowie ein Bonusauto.

Meisterschaft: Acht immer längere und schnellere Wettbewerbe gilt es zu bestehen. Diese gehen für gewöhnlich über drei Rennen (in Ausnahmefällen zwei bzw. fünf) und halten für den Sieger jeweils zwei Bonusautos bereit.

Zeitfahren: Eigentlich als Trainingsmodus gedacht, doch gibt es auch hier je einen Wagen pro Strecke, wenn man die vorgelegten Bestzeiten unterbietet. Da dies jedoch ohne die im Meisterschaftsmodus freigespielten Fahrzeuge völlig unmöglich ist, spielt man diese Fingerübungen kurioserweise erst zuletzt. Die Bestzeiten werden automatisch gespeichert, das Ghostcar leider nicht.

Le Mans 2000: Das Kernstück des Spiels. Es wartet ein komplettes Rennen von 16 Uhr bis 16 Uhr des darauffolgenden Tages, also inklusive Tag- und Nachtwechsel. Wer mag, kann die variablen Wetterverhältnisse deaktivieren und bei jedem Boxenstopp den Rennverlauf speichern. Darüber hinaus lässt sich die Spielzeit auf sechs Stunden bzw. 60, 24 und zehn Minuten verkürzen, Bonusboliden gibt es jedoch nur für Siege in den längeren Wettbewerben. Es wird stets bis zum Ablauf der Zeit gefahren und die aktuelle Runde beendet - bei der 24-Stunden-Veranstaltung kommt man so (je nach Fahrzeug) auf über 360 Runden, bei zehn Minuten sind es immerhin noch drei.

Le Mans Petit: Das Gleiche in Grün, sprich: in Atlanta. Allerdings dauert das Rennen hier maximal 10 Stunden.

Multiplayer: Zwei bis vier Spieler duellieren sich (ohne Computerbeteiligung) am geteilten Screen. Es gelten die gleichen Optionen wie im Schnellen Rennen.

Allen Spielmodi gemeinsam ist, dass das eigene Vehikel zuvor rudimentär vorbereitet werden darf - Wahl der Reifen, Spoiler-Einstellungen und Tankfüllung lassen sich den eigenen Vorlieben anpassen. Während des Rennens bieten Boxenstopps Gelegenheit, diese Wahl nachträglich zu korrigieren, falls beispielsweise Niesel- oder Platzregen die Spurtreue des Wagens in Mitleidenschaft ziehen. Diese Vorgänge laufen vollautomatisch ab, sobald man in die Boxengasse eingebogen ist.

Die Einteilung der Schwierigkeitsgrade sind mittlerweile besser gelöst. So werden Gegnerintelligenz und Fahrhilfen jetzt unabhängig voneinander festgelegt, Anfänger sollten die gebotenen Traktions- und Lenkhilfen vorsichtshalber aktiviert lassen, die automatische Bremsfunktion ist dank der übermenschlich mächtigen Bremsen jedoch von Beginn an vernachlässigbar.

Schade nur, dass noch immer keine Cockpitansicht implementiert wurde. Die Stoßstangenperspektive liegt zu niedrig, um kontrolliert zu fahren, die Motorhaubenkamera irritiert durch die ständigen Reflektionen auf dem glänzenden Lack, und nur die beiden Verfolgerblickwinkel gewährleisten die nötige Übersicht. Dieser Arcade-Touch wird durch die etwas nervöse Steuerung noch weiter verstärkt. Quietschende Reifen gehören hier zum Alltag, und dank des fehlenden Schadensmodells stellen spektakuläre Auffahrunfälle eine effektive Bremsmethode dar. Zudem kann auf diesem Wege auch der Hauptkonkurrent um die Meisterschaftskrone ins Kiesbett dirigiert werden, was eine "bessere" Verteilung der Siegpunkte gewährleistet.

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Erstaunlicherweise gelingt es der PS2-Variante nicht, sich aus dem Schatten des DC-"Le Mans" zu lösen. Dies liegt zum einen an den eingangs erwähnten, wirklich fast unerträglichen und omnipräsenten Ladezeiten (beim Verlassen des Optionsmenüs wird hingegen automatisch und sekundenlang auf die Memory Card gespeichert), zum anderen kann jedoch auch die Grafik nicht ganz mit der der Sega-Konsole mithalten. Neben einer niedrigeren Auflösung fallen hier besonders die fehlenden Lackspiegelungen der gegnerischen Fahrzeuge negativ auf. Auch kleine, zugegebenermaßen unerhebliche Pop Ups trüben das Bild. Das ist umso trauriger, als Sichtweite, Spielgeschwindigkeit und Framerate nach wie vor keinen Anlass zur Klage bieten, und "Le Mans" auch den an der PS2 leider nicht selbstverständlichen 60Hz-Modus (Vollbild bei optimaler Bildwiederholungsrate) bietet.

In der Rennwiederholung sind dann die üblichen Details erkennbar: Scheibenbremsen glühen auf, Regentropfen klatschen auf Fahrbahn und Kamera, selbst aufspritzende Kieselsteine hüpfen noch kurz, bevor sie wieder verschwinden! Da bedarf es fast keiner Erwähnung mehr, dass auch die Kulissen mit Details wie Achterbahnen, Riesenrädern, Buden und Bäumen gespickt sind, ja, hier hat die PS2-Version die Nase sogar leicht vorn.

Gewohnt dünn fällt dagegen der Sound aus. Zwar klingen alle Motoren unterschiedlich, doch
keiner davon wirklich nach einer Hochleistungsmaschine. Auch die wahlweise Rock- oder
Funk-lastigen Begleitmusiken reißen ebenso wie die unveränderlichen Reifen- und Crashgeräusche niemanden mehr vom Hocker.

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Nüchtern betrachtet sind "Die 24 Stunden von Le Mans" ein geradliniger Arcade-Racer mit Simulationseinschlag - man hat Strecken, man fährt sie, man erhält weitere Strecken und zusätzliche Autos. Kein überflüssiges Aufrüst- und Prämiensystem trennt den Fahrer von der Piste; Flaggen, Strafen oder ein Schadensmodell suchen Simulationsfreunde vergeblich. Das war an der Dreamcast kein Beinbruch, sorgte doch die technisch brillante Umsetzung für Furore. Etwas anders liegt der Fall leider auf der PlayStation 2. Klar, es macht noch immer Spaß, sich durch ein zwanzigköpfiges Fahrerfeld zu schlängeln, doch fehlt der grafische Kick. Gegen Genreprimus "Gran Turismo 3" sehen die hübschen Strecken leider etwas blass aus, ganz zu schweigen von den glanzlosen Computerfahrzeugen im Replay.

So bleibt unter dem Strich ein nettes, rasantes Rennspiel, welches dank der versteckten Fahrzeuge und freizuschaltenden Strecken eine Zeitlang durchaus Spaß macht. Auch der technisch solide Mehrspielermodus sammelt noch einige Motivationspunkte. Dennoch muss eins ganz klar gesagt werden: Wer bereits die exzellente Dreamcast-Version dieses Renners sein Eigen nennt, kann auf die PS2-Neuauflage verzichten... (Markus Ziegler)

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System:  PS2
Grafik:  8,5
Sound:  6
Spielspaß:  7,5
Dauermotivation:  8,5
GESAMT:  8 (von 10)