Sword of the Berserk

Gut's Rage


Entwickler:  Yuke's/Ascii
Vertrieb:  Eidos
Genre:  Hack'n'Slay
Spieler:  1
System:  Dreamcast

Story



Finstere Zeiten verlangen nach finsteren Helden, und viel finsterer als Schwertschwinger Gattsu (eingeenglischt: "Guts" wie "Eingeweide" oder "Mut") kann man als Held gar nicht sein: Der einäugige Hüne schwingt ein über zwei Meter langes Schwert und stürzt sich ohne zu zögern in jeden Kampf - kein Wunder, daß ihm nur wenig Zeit bleibt, ein gutes Gespräch zu führen oder neue Freundschaften zu schließen. Auch seine Reisegefährten sind kaum weniger wunderlich: Puck ist ein kleiner fliegender Elf, dessen Optimismus und Aufgeschlossenheit in krassem Gegensatz zu Guts' permanent schlechter Laune stehen. Die Dritte im Bunde ist Casca, für deren Wahnsinn Guts verzweifelt nach einem Gegenmittel sucht. Unterwegs treffen sie noch auf etliche andere Sympathen wie beispielsweise die Zigeunerin Rita, welche allerdings wie auch Puck und Casca nur in den Zwischensequenzen zu sehen sind.

Diese erzählen die Story eines von einer Pflanzenseuche heimgesuchten Landes und seiner Bewohner. Die parasitische Blume Mandragora besitzt die unangenehme Eigenschaft, sich an Mensch und Tier festzusetzen und sie in willenlose Zombies mit zum Teil widerlichen Mutationen zu verwandeln. Während sich das gemeine Volk damit zufrieden gibt, die Verseuchten zu hassen und zu fürchten, verfolgen andere Mächte ihre eigenen Ziele: Baron Balzac beispielsweise plant, aus dem Mandragora-Extrakt eine Armee von Supersoldaten zu erschaffen, während Rebellenführer Dunteth versucht, den Despoten zu stürzen. Mitten in diese rebellischen Zeiten platzt nun Guts mit seiner Truppe - verständlich, daß der Söldner nicht lange arbeitslos bleibt...

Ohne zuviel verraten zu wollen: Der Ausgang der geradlinigen Storyline läßt viele Fragen offen und kann nicht gerade als Happy end bezeichnet werden - kündigt sich da vielleicht schon ein Nachfolger an?

Gameplay



Den Großteil des zwischen drei und vier Stunden dauernden Spiels nehmen die Kampfpassagen ein. Hier zeigt Guts, was in ihm steckt: Neben drei verheerenden Schwert-Combos beherrscht der Mann auch den unbewaffneten Kampf, kann springen und blocken sowie mit diversen Dingen um sich werfen bzw. schießen. Wurfmesser und Armbrustpfeile sind von Haus aus in unbegrenzter Anzahl vorhanden, außerdem stehen ihm einige Heiltränke und Granaten bis hin zu einer Art Miniaturkanone zur Verfügung. Auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad sind diese Hilfswerkzeuge zwar nur ein netter Bonus, auf den beiden höheren Stufen jedoch werden sie unverzichtbar. Der Lohn des gelösten Spiels sind Bilder- und Filmgalerien sowie kleine Minispielchen, welche in der sogenannten "Prize Box" angewählt werden können.

Um das ewige Hacken und Splattern (nicht umsonst hält die USK das Spiel für "nicht geeignet unter 18 Jahren") etwas aufzulockern, finden sich immer wieder kleine Abkürzungen und Umwege. Diese werden entweder geöffnet, indem man Barrikaden und Gatter zerstört, oder aber durch kleine Reaktionstests eingeleitet. Ähnlich wie im heißersehnten "Shen Mue" (nur viel seltener) erscheint kurz die Taste, welche es zu drücken gilt. Gelingt dies, darf man mitansehen, wie Guts einem fallenden Felsen ausweicht oder einen Gegner fachmännisch über den Haufen rennt. Ist der Spieler zu langsam oder erwischt den falschen Knopf, sind die Auswirkungen weniger erfreulich: Mal muß nur ein Umweg in Kauf genommen werden, hin und wieder jedoch ist sofort eines der kostbaren Heldenleben verloren.

Um den Spielern auch in höheren Schwierigkeitsgraden eine Chance einzuräumen, darf im Laufe der Story an drei Stellen gespeichert werden. Lädt man dieses Spiel, beginnt man mit voller Ausrüstung und allen Leben an ebendiesem Punkt. Fair auch, daß die Anzahl der Leben vom gewählten Härtegrad der Gegner abhängt: 7 Leben auf easy, 10 auf normal und satte 13 Versuche beim harten Spiel! Weiters ist es nur selten erforderlich, alle Gegner einer Stage zu besiegen, an vielen Monstern kann man sich auch geschickt vorbeimogeln. Und last but not least noch das unbestritten beste Feature des Games: Teilt Guts harte Schläge aus oder muß Treffer einstecken, füllt sich seine Berserker-Anzeige, ähnlich der Superleiste in neueren "Street Fighter"-Spielen. Ist diese vollständig aufgeladen, ersetzt sie die Lebensenergie, was Guts faktisch für kurze Zeit unverwundbar macht. Außerdem wird er für die Dauer dieses Berserkerganges etwas stärker, deutlich schneller und kann nicht mehr so leicht umgeworfen werden, was speziell seinem Rundumschlag zugute kommt, welcher kurz aufgeladen werden muß. Nicht zuletzt deswegen kommt dem Berserk-Modus eine wahrhaft spielentscheidende Bedeutung zu.

Technik



"Sword of the Berserk" besitzt den bereits klassischen Dreamcast-Look: hochauflösend und flüssig animiert bei Unterstützung des 60Hz-Vollbilds. Auch die recht detaillierten Hintergründe geben keinen Anlaß zur Klage, lediglich die Kameraführung in den engen Gängen und verwinkelten Gäßchen könnte manchmal einen Tick übersichtlicher sein. Auch gibt es - abgesehen von den riesigen Blutfontänen - nur wenig, das man nicht schon in anderen Titeln zu Gesicht bekommen hätte. Trotzdem hinterlassen die kleinen Effekte am Rande (Funken, Licht und Schatten bzw. eine leichte Rotfärbung und glühende Augen beim Berserkergang) einen positiven Gesamteindruck, speziell im Vergleich zu aktuellen Playstation- und N64-Titeln. Konsequenterweise muß die Game-Engine denn auch für die gute Stunde (!) Cutscenes herhalten, welche zu Beginn und am Ende jedes Abschnittes für stimmungsvolle Überleitungen sorgen.

Gut gelungen ist auch die Sounduntermalung. Das gilt weniger für die durchschnittlichen Effekte als vielmehr für die gut gewählten Synchronstimmen und die Musikbegleitung. Speziell die hin und wieder eingestreuten Gesangsstücke heben sich wohltuend von den üblichen (westlichen) Standards ab! Schade nur, daß es keine Übersetzung jedweder Art gibt. Selbst auf deutsche Untertitel oder zumindest eine deutschsprachige Anleitung wurde verzichtet, was bei einem großen Publisher wie Eidos eigentlich unverständlich ist. Wer also nicht einigermaßen der englischen Sprache mächtig ist, wird höchstwahrscheinlich seine liebe Mühe haben, der verzwickten Storyline zu folgen - und die macht hier doch einen Großteil des Reizes aus.

Ergebnis



Alle, denen "Dynamite Cop" zu brav und "Soul Fighter" ganz generell zu schlecht war, dürfen hier unbesehen zuschlagen, vorausgesetzt, sie erwarten keinen Zweispielermodus. Der größte Nachteil von "Sword of the Berserk" ist zweifellos die verhältnismäßig niedrige Langzeitmotivation (oder auf gut neudeutsch "Replay value"). Nachdem das Spiel irgendwann auf der härtesten Schwierigkeitsstufe durchgespielt ist, bieten die Minigames nur noch wenig Abwechslung. Ich gebe zu, diese Schwäche teilt "Gut's Rage" mit vielen bekannten Titeln wie "The House of the Dead 2", "Resident Evil" oder auch "Crazy Taxi", dennoch hätten einige Zusatzfeatures dem Spiel gutgetan. Warum darf ich mich beispielsweise nicht mit der messerwerfenden Rita durch die Story kämpfen? Oder sie wenigstens gelegentlich zu Hilfe rufen? Doch genug der Meckerei: Wer auf der Suche nach einem garantiert nicht jugendfreien Hack'n'Slay (gelobt sei die laxe Haltung des Jugendschutzes in Bezug auf Dreamcast-Spiele:-) in zeitgemäßer Aufmachung ist, wird mit "Sword of the Berserk: Gut's Rage" gut bedient! (Markus Ziegler)

Wertung