Castlevania

Entwickler:  Konami
Vertrieb:  Konami
Genre:  Actionadventure
Spieler:  1
System:  Nintendo 64

Story



Ein blutroter Mond steht über dem gewaltigen Schloß, die Toten kriechen aus der Erde, die Tage sind kürzer und die Nächte dunkler - keine Frage, Graf Dracula ist aus seinem hundertjährigen Schlaf erwacht. Doch wo ein Bösewicht sein Unwesen treibt, da sind traditionsgemäß auch tapfere Helden nicht weit. In diesem Fall tritt der junge Reinhardt Schneider in die Fußstapfen des peitschenschwingenden Belmont-Clans, alternativ dazu bietet sich auch die junge Zigeunerin Carrie Frenzandez mit ihren kleinen, aber heftigen Magiegeschossen an, um den Kampf gegen das Böse aufzunehmen.

Nachdem Playstation und Saturn bereits vor längerem in den Genuß einer "Castlevania"-Version kamen (Originaltitel: "Dracula X - Symphony of the Night"), ist nun Nintendos 64-Bit-System an der Reihe. Im Gegensatz zu dem zwar altbackenen, aber nach Kollegenmeinungen hervorragend spielbaren 2D-Jump'n'Run der 32-Bitter versucht Konami am N64, auf den noch immer unter Dampf stehenden Zug der 3D-Actionadventures aufzuspringen. Gerüchten zufolge nähert sich übrigens auch ein DreamCastlevania (schönes Wortspiel, gell?;-) seiner Vollendung, womit dann wohl endgültig alle (aus Japan stammenden) Konsolensysteme ihr Dracula-Spiel hätten...

Gameplay



Um das ernüchternde Resümee gleich vorwegzunehmen: "Castlevania" spielt sich in der 3D-Variante furchtbar nervig! Dabei fängt alles so schön an: Der in seiner Steuerung konfigurierbare Held tastet sich langsam durch ein unheimliches Wäldchen voran, wo er erstmals Bekanntschaft mit der Steuerung sowie natürlich den unvermeidlichen Skeletten schließt. Vom Blitz gefällte Bäume stürzen über den Weg und sorgen für eine hübsch-gruselige Atmosphäre. Sobald man das Wappen von einem monströsen Tor heruntergeschlagen hat, naht auch schon der erste Zwischengegner: ein Skelett von der Größe eines Einfamilienhauses. So weit, so gut, doch dann beginnt die Qual: Zwar finden sich immer wieder gut versteckte Power-Ups für den Energiehaushalt, doch lassen einem die fortan von allen Seiten unentwegt herantorkelnden Skelette (später auch Werwölfe, Echsenkrieger bzw. Vampire) keine Verschnaufpause - und wenn ich sage "keine", dann meine ich das auch!

So ist man ständig damit beschäftigt, in alle Richtungen wild um sich zu schlagen, was jedoch spätestens nach dem verstärkten Auftreten der explodierenden Gerippe (mit Zündschnur am Schädel:-) auch seine Risiken birgt. Infolgedessen greift man verstärkt auf die klassischen Zusatzwaffen (Messer, Äxte, Weihwasser-Bomben und Bumerang-Kreuze zurück), doch auch dadurch läßt sich die Hektik nicht aus dem Spiel nehmen. Dies geschieht lediglich an jenen Stellen, wo pixelgenaue Sprünge und fehlerloses Timing erforderlich sind. Hier erschweren stattdessen wegbrechende Plattformen, Selbstschußanlagen und ähnliche Fallen das Heldenleben, zudem gibt es wieder die allseits beliebten Stürze in den sicheren Tod (Säureseen und bodenlose Abgründe, aber auch ein zu tiefer Fall führt zum direkten Ableben).

Dagegen hilft nur ständiges Abspeichern an den strategisch verteilten weißen Save-Kristallen, was fast schon PC-Feeling aufkommen läßt: Spielen, speichern, spielen, sterben, laden, spielen, sterbenladenspielenspeichernspielensterben uswusf. Hinzu kommt, daß der erreichte Abspann sich nicht zuletzt an der Spielzeit orientiert (ein befreundeter Vampirjäger befindet sich im Schloß und wird irgendwann selbst zum Monster). Wer also zu viele Sonnen- bzw. Mondkarten benutzt, um die Zeit voranzutreiben, oder sich zu lange mit dem Kleingetier aufhält, um die richtige Extrawaffe, die dafür nötigen roten Kristalle oder genügend Geld für den Einkauf beim gelegentlich anzutreffenden Händler zu finden, wird nie das Happy end zu Gesicht bekommen.

Technik



Das alles ist insbesondere deswegen bedauerlich, weil die Grafik über weite Strecken wirklich sehr gut gelungen ist. Zwar kann keiner der drei verschiedenen Kamerawinkel (natürlich ist es jederzeit möglich, aus der Sicht des Helden einen Blick auf die Umgebung zu werfen) wirklich völlig überzeugen, doch entschädigen hübsche Lichteffekte und Animationen für die gelegentlich fehlende Übersicht, welche durch die automatische Zielfunktion der Waffen bereits teilweise ausgeglichen wird. Auch die Sounduntermalung kann sich hören lassen, speziell das stimmungsvolle Violinen-Intro läßt sofort Gruselatmosphäre aufkommen.

Ergebnis



Vielleicht sollte ich einmal erwähnen, wie es mir bei diesem Test ergangen ist...
Stufe 1 - Skepsis: Castlevania in 3D, na, ich weiß nicht; und dann diese Screenshots...
Stufe 2 - Überraschung: Hey, das sieht ja gar nicht so schlecht aus! Die Steuerung ist okay... Whoops, schon der erste Endgegner?
Stufe 3 - Allmachtsgefühle: Hahaha, ja, kommt nur her, ich bin unbesiegbar! Die Peitsche tanzt, die Skelette fallen wie die Fliegen. Ich bin der Größte!
Stufe 4 - Ernüchterung: Mann, das hört ja gar nicht mehr auf... Wo ist jetzt der Schalter? Verschwindet, ihr blöden Monster, seht Ihr nicht, daß ich beschäftigt bin?!
Stufe 5 - Frust: Endlich im Schloß, aber hat man seine Ruhe? Nein, überall lästige Gegner, und dann noch diese verd... Klettertürme! Das Laden/Speichern-Spielchen beginnt.
Stufe 6 - Arbeit: Mist, es muß doch möglich sein, hier durchzukommen! Der Spielspaß hat sich auf wenige Aha-Effekte reduziert, aber jetzt beißt man eben die Zähne zusammen und spielt weiter. Tja, und so zieht sich das dann dahin...

Vielleicht sieht das ein echter Castlevania-Veteran ja anders, allerdings bezweifle ich, daß sich dieses Spiel gerade an ihn wenden sollte. Dazu wurden doch zu viele Zugeständnisse an das 3D-Spielprinzip (kein vernünftiger Mensch oder Vampir würde ein Schloß in diesen Dimensionen konstruieren) gemacht. Auch wenn das jetzt alles sehr negativ klingt, soll doch nicht verschwiegen werden, daß "Castlevania" sich wohltuend vom üblichen Mario-, Tonic-Trouble- und Banjo-Kazooie-Gehüpfe abhebt. Wer also auf der Suche nach einem "ernsthaften" 3D-Jump'n'Run (irgendwie widerstrebt es mir, dieses Genre "Actionadventure" zu nennen) ist und nur ein N64 im Wohnzimmer stehen hat, könnte mit dem Belmont-Nachfahren durchaus seinen Spaß haben. (Markus Ziegler)

Wertung