Ecco the Dolphin

Defender of the Future


Entwickler:  Appaloosa
Vertrieb:  Sega
Genre:  Unterwasserabenteuer
Spieler:  1
System:  Dreamcast

Vorwort



Ecco hat aufgezeigt, dass es wieder einmal Zeit für eine Aktualisierung meines Bewertungssystems war. Aus diesem Grund wird es künftig auch den Punkt "Atmosphäre" geben, welcher (ungeachtet aller Äußerlichkeiten und inhaltlicher Qualitäten) darüber Auskunft geben soll, wie sehr ein Titel den Spieler in seine Welt zu ziehen weiß. Noch kann ich nicht sagen, ob dieses Kriterium auf Dauer ein Bestandteil der Wertungsbox bleibt, für Ecco war diese Note jedoch dringend nötig...

Story



Gegen Ende des dritten Jahrtausends sind Mensch und Delfin unzertrennlich. Gemeinsam erforschen sie das All, wo sie jedoch auf eine Rasse zerstörungswütiger Aliens stoßen. Nur ein von den restlichen Delfinen entwickelter Schutzschild schützt die Erde vor den Invasoren, und just dieser wird im Verlauf des ersten Levels zerstört. Ein typischer Job für Ecco, den Delfin mit den fünf Sternen auf der Stirn. Er bekämpft in 27 Spielabschnitten Haie, Rochen, Muränen sowie andere Untiere und hilft Tieren in Not.

Bis heute gilt die Mega-CD-Version von "Ecco the Dolphin" bei vielen als das Spiel mit dem besten Soundtrack aller Zeiten, und auch die Grafik (natürlich in 2D) sorgte seiner Zeit für Aufsehen. Entsprechend gespannt waren Fans und Fachleute auf das Dreamcast-Debüt des gelehrigen Säugetiers, sollte doch auch der 2000er-Ecco neue Maßstäbe in der Präsentation setzen.

Gameplay



Auch wenn man sich zu Beginn nicht vorstellen kann, mit einem Delfin irgendwelche Abenteuer zu bestehen, ist "Ecco" doch viel mehr als ein reines Geschicklichkeitsspiel. Dafür sind die zahlreichen Fähigkeiten verantwortlich, welche sich der glitschige Freund im Laufe der Levels aneignet. Zum einen wären da die Lieder, welche automatisch mit der Sonar-Taste aufgerufen werden. Trifft Ecco damit eine verbündete Kreatur (meist andere
Delfine), wird ein Gespräch gestartet, wohingegen sich Feinde durch den Klang seiner Stimme verwirren und gefahrlos angreifen lassen. Dies geschieht entweder durch einen beherzten Rempler mit der harten Delfinschnauze oder durch die "Kraft des Sonars", einen Vertreter der zweiten Kategorie: Lernt Ecco diese Kräfte zu nutzen, benötigt er zusätzlich noch ein entsprechendes Power Up, um die zeitlich begrenzten Sonderfähigkeiten einzusetzen. Deren Palette reicht von zusätzlicher Angriffsstärke und -geschwindigkeit über höhere Luftvorräte bis hin zur Verwandlung in einen kleinen Fisch, um enge Passagen durchqueren zu können.

Ganz einfach ist das Unterwasserleben also wahrlich nicht, dafür wirft die (nur marginal konfigurierbare) Padsteuerung aber praktisch keine Probleme auf: Ein Druck auf die A-Taste verursacht einen Schlag mit der Schwanzflosse, schnelles Pressen beschleunigt Ecco, während ein dauerhaftes Halten die Geschwindigkeit konstant hält (nomen est omen:-). Der B-Knopf sorgt für einen Extra-Schub, welcher sowohl zum Angriff als auch für besonders hohe Sprünge (oftmals verstecken sich Goodies über Wasser) und das Rammen von Felsblöcken benutzt werden kann. X betätigt das Sonar und blendet bei längerem Druck zeitweilig eine (leider ziemlich untaugliche) Karte ein, während Y für besondere Kunststückchen (Rollen, Rückwärtsschwimmen etc.) verantwortlich ist. L- und R-Tasten dienen dem Umsehen bzw. Rollen um die Längsachse.

Trotz dieser vermeintlich simplen Befehle und zahlreicher Spielhilfen (unbegrenzte Anzahl von Leben, automatische Speicherung, jeder Level kann jederzeit wieder besucht werden, um zusätzliche Energie-Extras einzusammeln, um nur die wichtigsten zu nennen) bleibt "Ecco the Dolphin" ein beinhartes und gelegentlich sehr frustrierendes Abenteuer. Die kryptischen Hinweise lassen oftmals nur zeitintensives Trial and Error zu, und die im Spielverlauf immer häufiger auftretenden Tunnelpassagen (kaum Möglichkeiten, Luft zu schnappen) zehren unbarmherzig an den Nerven. Dabei wären die zu erfüllenden Aufgaben prinzipiell immer dieselben: "Bring mir diesen Fisch", "Erledige jenen Gegner" oder "Finde einen Weg durch die verschüttete Höhle" - all zu viel ändert sich an den Zielsetzungen nie.

Dennoch gibt es viele Feinheiten zu entdecken: Manche Quallen und Fische vergiften Ecco, der zu seiner Heilung eine ganz bestimmte (normalerweise giftige) Fischart fressen muss. Andere Fischschwärme leuchten im Dunkeln oder lenken gefährliche Raubfische ab, wodurch Ecco unbeschadet selbst die finstersten Höhlen durchschwimmen kann. Fremde Delfine fordern ihn zu Wettkämpfen heraus, deren Bestehen meist mit einem neuen Stückchen Vitalit belohnt wird, was die maximale Lebensenergie steigert, und, und, und.

Technik



Selten passte das Wort so gut wie bei dieser Grafik: traumhaft. Auch wenn das Ambiente gelegentlich eher wie ein Albtraum anmutet, ist es doch wunderschön, den schwerelos dahingleitenden Delfin durchs Wasser gleiten zu sehen. Fischschwärme huschen an ihm vorbei, das Sonnenlicht bricht sich auf der Oberfläche, und wabernde Quallen treiben schwere- und ziellos über das Riff. Selbst wenn später fantasievolle Science-Fiction-Bauten die natürlichen Höhlen und Felsvorsprünge ablösen, macht das gesamte Ambiente einen fast unwirklichen Eindruck - eben wie in einem Traum. Trotz der hochauflösenden Texturen, hohen Polygondichte und der erwähnten Details kommt die 60Hz-Vollbildgrafik darüber hinaus praktisch nie ins Stocken, lediglich die Sichtweite könnte im offenen Mehr etwas größer und die Kollisionsabfrage ganz allgemein etwas kulanter ausfallen. So zieht man Ecco regelmäßig per Rückwärtsgang aus Ecken, in welchen er sich festgeschwommen hat. Seltener ärgert man sich auch über Haie, die in der Wand verschwinden oder hadert mit seinem Schicksal, wenn man wieder einmal keinen einzigen Fisch aus dem Schwarm erwischt hat. Das sind jedoch Kleinigkeiten, die man der ansonsten atemberaubenden Optik gerne nachsieht.

Ähnliches gilt für die guten, aber nicht weltbewegenden Soundeffekte: Angesichts der grandiosen, überwiegend sehr ruhigen Musikbegleitung fällt es kaum ins Gewicht, dass Haie mit einem seltsamen Brummen abtreten oder Muränen sich mit lautem Brüllen auf den kleinen Delfin stürzen. Am nervigsten sind die permanenten Ladegeräusche des Dreamcast-Laufwerks - selig der, der Kopfhörer hat (und sie auch benutzt) oder die angeschlossene Stereoanlage auf Zimmerlautstärke aufdrehen darf. Am englischen Introsprecher gibt es dagegen nichts auszusetzen, und auch die deutschen Übersetzungstexte sind recht gut gelungen. Es wird allerdings wirklich höchste Zeit für die Erkenntnis, dass "charge" nicht immer "aufladen" bedeutet, sondern auch mit "stürmen" übersetzt werden kann...

Ergebnis



So glatt und frei von jeglichem Clippingfehler Ecco auch anzusehen ist, sein Spiel hat etliche Ecken und Kanten. Auch der Familiencharakter, den der Titel in den ersten Abschnitten noch propagiert, ist spätestens dann verflogen, wenn riesige Muränen aus Felslöchern schießen oder ein 20-Meter-Hai Ecco nach dem Leben trachtet. Dennoch, "Ecco the Dolphin" hat was; etwas, was man heutzutage nicht überall findet - Atmosphäre! Damit wären wir beim Punkt: Man mag sich noch so sehr über sinnlose Bildschirmtode ärgern und die Designer zum Teufel wünschen, wenn sie einen wieder einmal hängen lassen - trotzdem möchte man immer noch diesen einen Level schaffen, dieses eine Rätsel lösen, diesen einen Gegner besiegen. Und das ist es doch letztendlich, was ein gutes Spiel auszeichnet, oder? (Markus Ziegler)

Wertung