Ehrgeiz

God Bless The Ring

Entwickler:  DreamFactory/Square
Vertrieb:  Sony
Genre:  Beat'em Up/Action-RPG
Spieler:  1-2
System:  Playstation

Story



Mittelpunkt des allgemeinen Interesses ist das titelgebende Schwert "Ehrgeiz", welchem der Legende nach magische Kräfte innewohnen. Seit seinem Auffinden wird es daher jährlich demjenigen verliehen, dem es gelingt, das gleichnamige Kampfsportturnier für sich zu entscheiden.

An dieser Stelle setzt der Arcade-Modus an, in welchem sich wie üblich ein kühner Recke nacheinander durch eine Vielzahl von Gegnern durchsetzt, um zuletzt das Schwert in Händen zu halten - oder auch nicht, doch dazu später.

Einen gänzlich anderen Weg geht die "Brand New Quest": Der Archäologe Koji Masuda erforscht zusammen mit seiner Assistentin Clair Andrews eine 3000 Jahre alte Ruine, als beide aus heiterem Himmel in eine Fantasywelt teleportiert werden, welche frappierend an die des Square-Titels "Final Fantasy VII" erinnert: Materia erlaubt das Aufrufen von Zaubersprüchen, Potions (bzw. Hi- und X-Potions) wecken die müden Lebensgeister und so weiter. Wer sich über diesen Spielmodus wundert, sei an "Tobal No. 1" bzw. "Tobal No. 2" (nur Japan) erinnert, welche ebenfalls vom Gespann DreamFactory und Square produziert wurden. Auch diese beiden Titel hatten stets einen Bonusdungeon zu bieten, konnten sich in der westlichen Hemisphäre aber (leider) nie durchsetzen.

Wem all dies nicht ausreicht, der findet in der Abteilung "Mini Games" noch vier Bonuswettbewerbe, welche sich zum Teil auch gegen einen menschlichen Kontrahenten austragen lassen. Da ich mich im weiteren Verlauf auf die beiden obigen Spielmodi konzentrieren möchte, hier kurz die Minispielchen: Es warten die "Infinity Battle" (Survival-Modus), "Battle Runner" (Wettrennen auf engen Rundkursen), "Battle Beach" (drei kleine Wer-drückt-die-Feuerknöpfe-am-schnellsten-Events im Stile klassischer Summer/Winter-Games) sowie "Battle Panel" (eine Art Action-Reversi).

Gameplay



1. Arcade Mode

Hierzu gibt es nicht sonderlich viel zu sagen: Sobald man im Optionsmenü einen von 5 Schwierigkeitsgraden, die Anzahl der Gewinnsätze (1-4), das Zeitlimit (20 Sekunden bis unendlich) sowie die Lebensenergie der Teilnehmer festgelegt hat, wählt man einen Charakter aus, und die Prügeleien nehmen ihren Gang. Insgesamt 17 zum Teil versteckte Charaktere stehen zur Auswahl, darunter etliche FF7-Figuren (auch Sephiroth!) und die "Brand New Quest"-Protagonisten.

Im Ring zeigt sich leider recht schnell, daß es die Programmierer auch diesmal wieder etwas zu gut meinten: Die Kämpfer können sich frei in den dreidimensionalen Arenen bewegen, von Wänden abspringen, die optionalen Kisten verschieben und sprengen, auf manche Mauervorsprünge klettern und sich hinter anderen verstecken. Das waren allerdings nur die Bewegungen, die NICHT direkt mit dem Kampf zusammenhängen. Zusätzlich ist es natürlich möglich, drei verschiedene Standardattacken zu Special Moves und Combos zu kombinieren (nomen est omen:-), zu rennen, zu kriechen, zu springen, zu rollen, zu blocken, auszuweichen, zu kontern, den Gegner zu packen und verschiedene Super Moves einzusetzen. Das mag zwar für hartgesottene, in der Spielhalle aufgewachsene Japaner durchaus machbar sein, der durchschnittliche Mitteleuropäer ist mit dieser Bewegungsvielfalt jedoch schlicht überfordert. So entwickeln sich speziell Duelle gegen einen menschlichen Mitspieler schnell zu wüsten Button-Orgien, in denen nicht selten der Zufall über Sieg und Niederlage entscheidet.

Eine weitere Gemeinheit wartet nach dem scheinbaren Sieg über den wolfsähnlichen Endgegner Django, welcher stark an Red XIII (ebenfalls aus FF7) erinnert. Während danach die Credits eingeblendet werden, muß er in seiner wahren Gestalt abermals besiegt werden, was nur gelingt, indem der Spieler zwei auf Podeste gestellte Kisten zerschlägt und dem Ungetüm die darin gefundenen Schwerter in den Leib rammt. Hernach müssen noch alle nach dem Ableben des Monsters verstreuten Goodies aufgesammelt werden - wohlgemerkt, BEVOR die Credits beendet sind! Nur wenn dies gelingt, erhält man tatsächlich das sagenumwobene Schwert, jedoch nicht den Abspann zu sehen (steckt man zu viele Treffer ein, bekommt man keines von beiden). Diese sollte man sich übrigens unbedingt alle erspielen und auf Memory Card abspeichern, da sie in der Qualität fast an die exzellenten Movies aus FF VIII herankommen und größtenteils sehr witzig in Szene gesetzt sind.
 

2. Brand New Quest

Während echte Masochisten gleich die harte Alternative wählen und sich mit einem der beiden Charaktere in die kontinuierlich schwerer werdenden Dungeons stürzen, dürfte der Großteil der Spieler mit dem normalen Modus besser beraten sein. Hier schlüpft man abwechselnd in die Rolle des Professors bzw. in die seiner Assistentin, um dem Geheimnis des Labyrinthes auf den Grund zu gehen. Anders als im Hard Mode ist es dabei jederzeit möglich, ins Dorf zurückzukehren, um Heiltränke und Lebensmittel einzukaufen, gefundene Waffen zu verschachern und vor allem die Spielfigur zu wechseln.

Die "Brand New Quest" mit einem vollwertigen Rollenspiel gleichzusetzen, wäre natürlich übertrieben, doch sind die Grundelemente zweifellos vorhanden: Die Charaktere gewinnen Erfahrungspunkte durch das Besiegen der omnipräsenten Monster, verbessern bei Levelaufstiegen ihre Eigenschaften, führen verschiedene Waffen, welche sich auch abnutzen, und erledigen kleinere Aufgaben für die Dorfbewohner, welche sie im Gegenzug mit Tips und Hilfsmitteln versorgen. Hierin könnte eine der Hauptschwierigkeiten für deutschsprachige Hobby-Indies liegen, denn sämtliche Unterhaltungen des doch recht textlastigen Abenteuers sind auf englisch gehalten. Die dem Spiel beiliegende Anleitung gibt sich zwar redlich Mühe, die wichtigsten Grundregeln zu erläutern, doch ist dieses Unterfangen erwartungsgemäß von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Zwar bleibt auch ohne die Hinweise der Landbevölkerung das Spielprinzip verständlich, doch ersparen einem die versteckten Tips etliche Tode und werfen Licht auf die Hintergründe. Wer hätte beispielsweise gedacht, daß eine ausgewogene Ernährung die Charakterwerte beeinflußt? Nimmt der Spieler vornehmlich Vitamine (Gemüse etc.) zu sich, steigt zwar seine Magiefähigkeit, die körperlichen Attribute bleiben jedoch bestehen. Senkt man seine Zähne jedoch hauptsächlich in Proteine (Fleisch), so nehmen Hitpoints und Angriffskraft zu. Ähnliches gilt noch für andere Nahrungsgruppen, wodurch das ganze fast schon einer Ernährungssimulation gleichkommt.

Wenn man nicht gerade auf der Suche nach Lebensmitteln ist, durchstreift man die rechtwinklig aufgebauten 3D-Dungeons auf der Suche nach Schätzen, Monstern, Altären (keine Ahnung, wozu die gut sind) und nochmals Monstern. Zur Sicherheit sollten immer einige Heiltränke am Gürtel befestigt sein, da während der sehr häufigen Kämpfe kein Inventory-Aufruf möglich ist. Läßt man diese Vorsichtsmaßnahme einmal außer acht oder stellt sich ganz einfach zu dämlich an, liegt es am Partner, die sterblichen Überreste des Kameraden aus dem Höhlensystem zu bergen. Gelingt dies, findet sich der Kollege gesund und munter im Dorfgasthof wieder, anderenfalls droht das verfrühte Game Over. Um dies zu vermeiden, läßt sich das Spiel jederzeit abspeichern, allerdings kostet jeder Save-Vorgang mehr Geld als der vorhergehende, wodurch die ganze Angelegenheit auf Dauer sehr kostspielig wird...

Die Steuerung in Kämpfen entspricht ansatzweise der des Arcade-Modus', wurde jedoch glücklicherweise dergestalt vereinfacht, daß es nunmehr nur noch einen Angriffsknopf gibt. Der Rest dient dem Springen, dem Einsatz von Magie sowie dem Aufheben und Benutzen von Gegenständen. Hierin liegt eine kleine Schwäche, da man anfangs oft aus Versehen kostbare Heiltränke einwirft, obwohl man eigentlich nur per Cancel-Button (jeweils die Dreiecks-Taste) ein Menü verlassen möchte. Im Laufe der Zeit lernt man allerdings, automatisch auf solche und ähnliche Kleinigkeiten (Energieleiste, Hungeranzeige) zu achten, wodurch die "Brand New Quest" zum eigentlichen Hauptspiel von "Ehrgeiz" avanciert.

Technik



Eins vorweg: Ich HASSE lieblose PAL-Konvertierungen, und "Ehrgeiz" bildet leider keine Ausnahme. Nicht nur, daß sich sämtliche Texte in englischer Sprache präsentieren, nein, auch die Grafik mußte wieder einmal Federn lassen. Zusätzlich zu den fetten PAL-Balken, die das Bild wie gewohnt vertikal stauchen (selbst die vormals den ganzen Screen abdeckenden Videos wirken nun verzerrt), ist ein deutlicher Geschwindigkeitsverlust gegenüber der US-Version im NTSC-Format zu bemerken. Während dies im Quest-Modus nicht weiter stört, wirken die Arcade-Kämpfe schon sehr langsam, quasi Fights mit angezogener Handbremse. Das ist besonders bedauerlich,  weil der Spieler nun länger Gelegenheit dazu hat zu erkennen, wie häßlich die Duell-Arenen trotz der verwendeten hohen Auflösung ausfallen: Hintergrundobjekte wie in der thematisch verwandten Dreamcast-Prügelei "Power Stone" sucht man vergebens, wodurch sämtliche Schauplätze unangenehm karg wirken.

Dagegen fallen wie schon erwähnt die hervorragenden Full Motion Videos angenehm auf, und die Speicherfunktion für bereits erspielte Abspänne (die FF7-Charaktere teilen sich ein Potpourri der besten FF7-Zwischensequenzen, untermalt vom Sephiroth-Gesang des finalen Showdowns) schlägt mit einem weiteren Pluspunkt zu Buche.

Ähnlich gut sieht das Bild bei der Soundbegleitung aus: Zwar halten sich die Begleitstücke stets vornehm im Hintergrund, doch klingen des öfteren bekannte FF7-Themen an und sorgen für einen angenehmen Wiedererkennungseffekt. Dagegen hat der Quest-Modus ganz eigene, ebenfalls sehr schöne Musikstücke zu bieten, welche gut zum sonstigen Fantasy-Ambiente passen. Schade nur, daß bis auf die japanische Einleitung keinerlei Sprachausgabe vorhanden ist - manche Square-Traditionen ändern sich eben nie...

Ergebnis



Auch wenn das den verantwortlichen Programmierern vermutlich nicht gefallen wird: In "Ehrgeiz" spielt der Arcade-Modus nur die zweite Geige. Zu kompliziert (und im Zeitalter von "Soul Calibur" oder "Tekken Tag Tournament" auch zu unattraktiv) sind die Duelle in den frei begehbaren 3D-Umgebungen. Besser gefällt da die "Brand New Quest", auch wenn in puncto Hintergrundstory nicht viel mehr geboten wird als seinerzeit bei "Diablo": Metzle alle Gegner nieder, rüste Deinen Charakter auf und erreiche den letzten Level!

Unter dem Strich stellt "Ehrgeiz" somit eine erfrischende Alternative für alle "Tekken"-Müden dar - allerdings nur dann, wenn sie beabsichtigen, sich auch mit dem Quest-Modus zu beschäftigen. Erst dieser verleiht dem Spiel die nötige Substanz, um länger als ein, zwei Stunden im Laufwerk zu bleiben! (Markus Ziegler)

Wertung