Front Mission 3

Entwickler:  Square
Vertrieb:  Square Europe/SVG
Genre:  Rundenstrategie
Spieler:  1
System:  Playstation

Story



Alles scheint ruhig im Jahre 2112 - die politische wie auch die wirtschaftliche Weltlage geben keinen Anlass zur Besorgnis, die neuen Staatenbündnisse (beispielsweise wurden Nord- und Südamerika zu den Vereinigten Staaten des Neuen Kontinents zusammengefasst) sind stabil. Zumindest, bis eine terroristisch veranlagte Unterabteilung der Japanese Defence Force den Amerikanern eine neuartige Bombe entwendet, welche prompt in einer der eigenen Militärbasen erprobt wird.

Von diesen Vorkommnissen ahnt der frei benennbare Held jedoch herzlich wenig, als er zu Beginn seines Abenteuers eine Lieferung von "Wanzern" (eine Mischung aus "Walker" und "Panzer") in just diese Basis begleitet. Da dort jedoch dummerweise auch seine Schwester Alisa stationiert ist und der Kontakt abbricht, schleicht er sich mit Hilfe seines Freundes Ryogo Kusama nachts an den Unfallort zurück. Nun ja - "schleichen" ist vielleicht der falsche Ausdruck, da sich die beiden wie immer ihrer tonnenschweren Wanzer bedienen...

Abhängig von der anfangs gewählten Storyline (die Beantwortung einer einzigen harmlosen Frage entscheidet über den kompletten Spielverlauf) verläuft die Handlung gänzlich unterschiedlich: Der eine Weg konzentriert sich auf Alisas Schicksal, der andere stellt die amerikanische Spionin/Forscherin Emma Klamsky in den Mittelpunkt. Wofür man sich aber auch entscheidet, ständig ist die eigene Truppe auf der Flucht und wird unter den unmöglichsten Vorwänden in immer neue Wanzer-Gefechte verwickelt!

Gameplay



Der Packungsaufdruck übertreibt nicht, wenn von über 150 Stunden Spielzeit die Rede ist. So lange stolpert man von einem 3D-Szenario ins nächste, nur unterbrochen von gelegentlichen (exzellenten) Rendervideos sowie den Aufrüst- und Speicherscreens. Die Unterhaltungen mit den Kameraden präsentieren sich in der für japanische Adventures gewohnten Form: Man redet so lange auf alle (in kleinen Porträts dargestellten) Personen ein, bis sie nur noch ihren letzten Satz wiederholen. Dann stattet man noch eben dem im Spiel enthaltenen Mini-Internet einen Besuch ab, dreht eine Runde im eingebauten Simulator, lädt sich Desktop-Motive herunter oder informiert sich über historische und aktuelle Ereignisse, bevor man sich in die nächste Schlacht stürzt.

Diesen Rundenkämpfen auf einer rotierbaren 3D-Landschaft galt zweifelsohne das Hauptaugenmerk der Designer. Alle Begegnungen laufen prinzipiell auf die gleiche Art ab: Zunächst positioniert man seinen Wanzer auf einem Bodenfeld seiner Wahl, welches innerhalb der Bewegungsreichweite liegt. Hernach wählt man eine Fern- oder Nahkampfwaffe, um Feinde zu attackieren, welche mit ihren eigenen Verteidigungssystemen kontern. Alternativ darf man auch ein Item aus dem mitgeführten Inventar benutzen, beispielsweise um sich zu reparieren oder einen Raketenwerfer nachzuladen. Bei alledem ist ständig auf Höhenunterschiede (je höher, desto bessere Schussbedingungen), Entfernungen (MGs tragen weiter als Shotguns, Raketenwerfer setzen eine Mindestdistanz zum Ziel voraus) sowie die verbleibenden Aktionspunkte zu achten, welche für spätere Konteraktionen benötigt werden. Hat man all seine Verbündeten auf diese Weise bewegt, ist der Gegner an der Reihe, und das Spielchen beginnt erneut.

Natürlich erfordert (fast) jeder Kampf eine eigene Taktik, neue Waffensysteme ermöglichen neue Strategien, und auch Gevatter Zufall hat ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, wenn es um Sieg oder Niederlage geht. Will eine Mission trotz aller erdenklichen Tricks partout nicht gelingen, dreht man eben so lange Runden im eingangs erwähnten Simulator, bis die eigenen Fähigkeiten für den übermächtigen Gegner hinreichen. Allerdings wird dieser Mangel an Fairness mit Punktabzügen in der Gefechtsbewertung bestraft: Hier entscheiden die Anzahl der Züge, die eigene Stärke und ähnliche Faktoren über das finale Ranking und somit auch die erhaltene pekuniäre Belohnung.

Denn obwohl jeder Wanzer zu jedem Gefecht voll aufmunitioniert und im Topzustand erscheint (auch wenn die letzte Schießerei laut Story nur fünf Minuten zurückliegt und man dabei einen seiner Kampfkolosse zurücklassen musste), kosten Reparaturitems, Munition und Waffen- bzw. Panzerungsupgrades eben doch Geld, gar nicht zu reden vom Preis eines neuen Wanzers. Gut zu wissen, dass man auf dem Schlachtfeld auch gegnerische Gefährte erbeuten kann, wenn die Piloten herauskatapultiert werden oder die weiße Flagge schwenken. Diese (die Wanzer:-) werden in der Werkstatt ausgeschlachtet und/oder verkauft, um das Kapital für neue Ersatzteile zu erhalten.

Technik



Rundenstrategen werden grafisch ja für gewöhnlich nicht gerade verwöhnt, "Front Mission 3" bildet hier in vielen Belangen die löbliche Ausnahme von der Regel. So können die gerenderten Intro- und Zwischensequenzen (vereinzelt werden auch Realaufnahmen eingespielt) in punkto Qualität problemlos mit "Final Fantasy VIII" mithalten, allerdings wirken sie naturgemäß deutlich nüchterner und weniger "fantastisch". Dagegen fallen die In-Game-Cutscenes vor und nach jedem Einsatz verständlicherweise deutlich ab, dennoch sind auch sie dank hübscher Kameraschwenks noch sehr ansehnlich geraten. Noch besser sieht es allerdings im Spiel aus: Stehen sich zwei Kontrahenten gegenüber, zoomt die Kamera heran, und der bisherige Bitmap-Wanzer wird übergangslos zu einem echten Polygonobjekt. Die anschließende Auseinandersetzung wird aus immer neuen Perspektiven gezeigt (besonders schön: die Bild-im-Bild-Zielkamera), und die im Bordcomputer gespeicherten Spezialaktionen (Zoom, mehrfache Angriffe etc.) sorgen für zusätzliche Abwechslung. Wird ein Wanzer dann vernichtend getroffen, geht er funkensprühend zu Boden, während sich die zerstörten Gliedmaßen in ihre Einzelteile auflösen.

Untermalt wird das alles von passenden Soundeffekten, welche zumindest ansatzweise über die mit der Zeit etwas eintönige Musikbegleitung hinwegtrösten. Auch das Fehlen von gesprochenen Dialogen macht sich wieder einmal unangenehm bemerkbar, und die umfangreichen englischen Screentexte werden wohl auch den einen oder anderen germanischen Wanzerpiloten abschrecken. Dafür erklärt die deutsche Anleitung ausführlich selbst feine Nuancen des Spielgeschehens, was in Verbindung mit der einleuchtenden Steuerung auch für nicht-englischsprachige Spieler eine gute Kombination ergibt.

Ergebnis



"Front Mission 3" ist mit Sicherheit nichts für Gelegenheitsspieler. Allein der Umfang der beiden Kampagnen erfordert eine Hingabe, die bei westlichen Spielern der "Diablo"-Generation nicht übermäßig häufig zu finden ist. Dennoch lohnt sich die Einarbeitungszeit: Auch wenn die Kämpfe oftmals etwas an den Haaren herbeigezogen wirken, bleibt die Story doch durchweg spannend und erfrischt mit netten Details (beispielsweise kann eine Hackerin dazu bewegt werden, Schwesterherz Alisa an die Spitze einer Schönheitskonkurrenz zu manipulieren). Zudem setzt nach ca. 10 Missionen der "Eine geht noch"-Effekt ein, welcher nicht selten für durchwachte Nächte sorgt. Wäre der Schwierigkeitsgrad ein klein wenig konstanter, der Spielverlauf etwas abwechslungsreicher und die Geschichte nicht gar so linear ausgefallen, läge die Wertung noch höher, doch auch so gilt: "Front Mission 3" ist ein Muss für Liebhaber der Rundenstrategie! (Markus Ziegler)

Wertung