Fußball Live

Entwickler:  Sony
Vertrieb:  Sony
Genre:  Sport
Spieler:  1-8
System:  Playstation

Story



Bisher gab es für Fans des digitalen Kicks drei Anlaufadressen: Spielhallengänger erfreuten sich an Segas schickem Arcade-Gebolze "Virtua Striker", PC-Spieler greifen seit Jahr und Tag auf EA Sports' "FIFA"-Reihe zurück, und am N-64 zog Konamis "International Superstar Soccer" die Fans in seinen Bann. Die Umsetzungen der beiden letztgenannten Titel dominierten auch den Fußballmarkt auf der Playstation - ein Zustand, den Sony mit dem neuen In-house-Titel zu ändern gedenkt! Nach dem Motto "klotzen statt kleckern" sicherte man sich also die Lizenzen für satte neun internationale Ligen sowie alle namhaften internationalen Teams, wodurch weit über 200 originalgetreue Teams zur Auswahl stehen. Zwar darf nicht jedes davon in seinem eigenen Stadion antreten, doch wurde pro Land jeweils eine prominente Arena (für Deutschland das Olympiastadion in München) digital nachgebaut. Auch die Trikots entsprechen weitgehend ihren Vorbildern, Fans kommen also schon im Vorfeld auf ihre Kosten.

Gameplay



Was man auch sucht, bei dieser Auswahl wird man (fast) immer fündig: Schnellspiel, Freundschaftsbegegnungen, diverse Ligen und Pokalwettbewerbe stehen ebenso zur Auswahl wie ein Editor für Teams und Spieler. Das einzige, was wieder einmal nicht vorhanden ist und wie immer schmerzlich vermißt wird, ist eine Option zur freien Buttonbelegung. So muß man sich erst relativ lange an die vorgegebene Steuerung gewöhnen, welche trotz unübersehbarer Ähnlichkeiten etwas umständlicher als die der FIFA-Serie ist. Während Doppelpässe, Flugkopfbälle und Übersteiger schon nach kurzer Zeit problemlos klappen, sorgen ausgerechnet die wichtigen Standard-Bewegungen für kleine Probleme: Die Sprint-Taste zeitigt keine nennenswerten Resultate, Flanken landen fast immer in den Armen des Torhüters und Torschüsse mit (un)schöner Regelmäßigkeit über der Latte.

Letzteres liegt daran, daß der Ball nicht durch einen einfachen Knopfdruck abgeschossen, sondern durch Halten der Taste aufgeladen wird - ein Prinzip, das nicht ohne Grund schon seit einigen Jahren nicht mehr gebräuchlich ist. Da der Steigungswinkel nämlich nicht verändert werden kann, fliegen Gewaltschüsse bis 30 Meter Entfernung auf jeden Fall über das Tor, was einfach lästig ist. Das Resultat sind eine Vielzahl extrem unattraktiver Tore, da vor allem der Computerspieler den Ball mit Vorliebe aus einer Distanz von 8 bis 10 Metern einfach über die Linie schiebt. Leider sehen die ansonsten recht fähigen Torleute in dieser Situation meistens recht alt aus, auch der "Herauslaufen"-Button zeigt hier nicht die erwünschte Wirkung.

Daß dennoch schöne Treffer möglich sind, stellt sich spätestens im Multiplayermatch heraus. Bis zu 8 Teilnehmer dürfen sich unter Verwendung von zwei Multitap-Adaptern vors Schienbein treten, was selbstredend um einiges unterhaltsamer ist als das Duell gegen die schon auf der niedrigsten der drei Stufen souverän agierenden Rechenknechte. Diese stören das eigene Aufbauspiel nämlich derart rigoros, daß letzten Endes nur das Kurzpaßspiel als Ausweg bleibt - und das ist ja auch im realen Fußball bekanntlich nur eine Möglichkeit von vielen!

Technik



Auch wenn es für das eigentliche Spiel unerheblich ist, muß ich an dieser Stelle doch einige Worte über das gefilmte Intro verlieren: Es ist... nun ja... seltsam. Wer die Fernsehwerbung für diesen Titel kennt, weiß, was ich meine: Zunächst wird eine typische, leicht heruntergekommene, englische Arbeitersiedlung gezeigt, aus der die Leute ins Stadion strömen, bengalische Feuer und Flaggen inklusive. Dann erhält man Einblick in die Umkleidekabine, in der sich die Spieler auf das Match vorbereiten. Erst die letzten Sekunden zeigen die Action auf dem Rasen, welche dann nahtlos in Spielgrafik übergeht. Wie gesagt, seltsam, aber doch eine angenehme Alternative zur Hochglanz-Renderoptik und Selbstbeweihräucherung anderer Kicker!

Die Grafikengine während des Spiels braucht dennoch den Vergleich mit der Tabellenspitze nicht zu scheuen. Zwar sehen die Spieler selbst nicht sonderlich attraktiv aus (erster Gedanke: "Was sind denn das für Schläger?"), wissen jedoch durch exzellente Motion-capture-Animationen zu gefallen. Auch die Kollisionsabfrage bei Tacklings und Torwartparaden kann überzeugen, was jedoch am bemerkenswertesten ist: Das Spiel bleibt selbst im dichtesten Gewühl flott und flüssig! Ich hatte kürzlich Gelegenheit, die Playstation-Version von "Bundesliga Stars 2000" in Augenschein zu nehmen - davon bekam man als anspruchsvoller Spieler fast Augenkrebs!

Stark enttäuschend fällt hingegen die Soundkulisse aus: Was Reinhold Beckmann als Kommentator zum besten gibt, war schon vor Jahresfrist nicht mehr konkurrenzfähig! Die Sprachsamples wiederholen sich häufig, zudem fehlen Bemerkungen, welche über das simple Aufzählen von Namen hinausgehen. Kommentare zur allgemeinen Spiellage sind beispielsweise ebenso selten wie persönliche Meinungsäußerungen oder kombinierte Aussagen (z. B. toller Kopfball + tolle Parade). Hier hat die FIFA-Serie die Nase klar vorn!

Ergebnis



Ich sollte vielleicht anmerken, daß es mir vor einigen Wochen vergönnt war, die PC-Version von "FIFA 2000" zu testen. Obwohl dieses Spiel nur wenige Detail-Verbesserungen gegenüber dem Vorgänger zu bieten hat, kann "Fußball Live" hier nicht ernsthaft mithalten. Dennoch ist dem Team Soho ein erstklassiger Einstand ins Fußballgenre gelungen, der sich vor allem durch motivierende Lizenzen und eine erstklassige grafische Umsetzung auszeichnet. Speziell in Zeiten, in denen die Dreamcast durch überlegene Grafikpower neue Maßstäbe setzt ("Virtua Striker 2" steht bereits in den Startlöchern), ist es für Sony wichtig, die technischen Möglichkeiten der Playstation bis zum äußersten auszureizen, und das ist hier gut gelungen. Fußballfans werden mit "Fußball Live" also auf jeden Fall ihre Freude haben, und es bleibt abzuwarten, was "FIFA 2000" dem (auf der Playstation) entgegenzusetzen hat... (Markus Ziegler)

Wertung