Galerians

Entwickler:  Polygon Magic/ASCII
Vertrieb:  Crave
Genre:  Actionadventure
Spieler:  1
System:  Playstation

Story



Katsuhiro Otomos "Akira" stand Pate: Wie im Kultmanga (in abgeschwächter Form auch im Anime) dreht sich auch in "Galerians" alles um Psi-Kräfte, Drogen und den Missbrauch, welchen die Wissenschaft damit treibt. Als Rion (und mit ihm der Spieler) gefesselt in einem Krankenhaus erwacht, erinnert er sich nicht an sein bisheriges Leben. Aufgeputscht von Psycho-Drogen erkennt er jedoch seine neuen mentalen Fähigkeiten, welche er umgehend für seine Befreiung einsetzt: Das "Scannen" erlaubt ihm beispielsweise, beim bloßen Betrachten einer verschlossenen Tür zu erkennen, wie sie sich öffnen lässt bzw. wo der betreffende Schlüssel zu finden ist. Bei anderen Einrichtungsgegenständen ("Folterinstrumente" wäre wohl der geeignetere Ausdruck) werden Erinnerungen an damit verbundene Ereignisse wach, welche in Form von Rendervideos wiedergegeben werden.

Da ihm seine Umgebung jedoch nicht gerade freundlich gesonnen ist, lernt Rion schon bald den Umgang mit seinen anderen Fähigkeiten: Von Anfang an stehen ihm zwei Kampfskills zur Verfügung, (viel) später im Spiel kommt noch ein dritter hinzu. Solchermaßen gewappnet schlägt er sich mehr schlecht als recht durch die anfangs noch recht bevölkerten, jedoch nie übermäßig gegnerverseuchten Szenarien und schnappt Bruchstücke der übergeordneten Rahmenhandlung auf: Supercomputer Dorothy hat sich von ihren Erschaffern (darunter auch Rions Vater) losgesagt und ihre eigene Superrasse, die titelgebenden Galerians, gezüchtet. Nun wird Rion von Lilia, der 14jährigen Tochter eines weiteren Dorothy-Erbauers, telepathisch gerufen. Bis jedoch alle drei CDs durchgespielt und die Geheimnisse des G-Projekts endgültig gelüftet sind, wollen etliche Puzzles gelöst sowie der eine oder andere Endgegner erledigt werden.

Gameplay



"Galerians" orientiert sich spielerisch stark an Capcoms Meilenstein "Resident Evil": Rion schleicht mit Hilfe einer fast identischen Steuerung (welche in vier leicht unterschiedlichen Varianten zur Auswahl steht) durch vorberechnete Szenarien, welche aus starren Kameraperspektiven zu sehen sind. Die Blickwinkel schalten etwas seltener um als im oben genannten Vorbild, was zum einen die Übersicht und zum anderen auch die Kämpfe erleichtert. Diese sind anfangs etwas verwirrend, da zunächst die Psi-Power aufgeladen werden muss, bevor Rion einen Angriff starten kann. Während dieser Sekunde ist er hilflos, weshalb Nahkämpfe das sichere Ende des Helden darstellen.

Der Tod droht ihm jedoch nicht nur von Seiten der übereifrigen Krankenpfleger oder sinistrer Galerians, nein, Rion ist sein eigener schlimmster Feind. Aufgrund des permanenten Drogenmissbrauchs steigt seine Anspannung nämlich stetig an, auch wenn er gerade nicht kämpft oder seine Kräfte anderweitig nutzt. Erreicht dieser AP-Wert ein kritisches Maß, entgleitet Rion langsam die Kontrolle; er kann nicht mehr rennen, verliert ständig Lebenspunkte und wird am ganzen Körper von kleinen elektrischen Entladungen heimgesucht. Der Vorteil des ganzen: Praktisch alle Gegner in seiner näheren Umgebung werden von diesem Kraftfeld außer Gefecht gesetzt, was ihn im Nahkampf quasi unangreifbar macht.

Dieser für sich genommen nette Einfall ist leider auch einer der größten Schwachpunkte in "Galerians": Da Gegen- und Heilmittel nämlich nur in begrenzter Anzahl vorhanden und zumeist auch gut versteckt sind, schleppt man sich hektisch von einem Raum in den nächsten, immer auf der Suche nach neuen Pillen und Möglichkeiten, Kämpfen aus dem Wege zu gehen. Darunter leidet die Spielbarkeit, ein Manko, welches die durch den Kunstgriff hinzugewonnene Atmosphäre leider nicht aufwiegen kann. So muss man relativ häufig auf die RE-verwandte Speicherfunktion (nur an vorgegebenen Punkten darf der Spielstand gesichert werden) zurückgreifen: Hat man länger für ein Rätsel ge- und somit mehr Medikamente als vorgesehen verbraucht, lädt man besser den alten Savestand, nur um nicht zu viel von den überlebensnotwendigen Drogen einzubüßen.

Ansonsten bietet "Galerians" das gewohnte Bild: Die Kämpfe werden kontinuierlich schwerer, die Puzzles beschränken sich zumeist auf das übliche "Finde die Key-Card", und das Inventar füllt sich mit Hinweisen auf die Hintergründe der verwobenen Story. Im direkten Vergleich zu Capcoms Actionadventures macht sich allerdings nach einigen Spielstunden das Fehlen zusätzlicher Waffen störend bemerkbar. Auch wenn Rions Psi-Attacken maximal auf Level drei hochgepowert werden können, vermisst man doch das Zusammenbasteln und Aufrüsten von Waffen wie beispielsweise in "Dino Crisis". Des weiteren sind die meisten Rätsel doch recht ähnlich angelegt, was ebenfalls irgendwann zur Routine wird.

Technik



Auch grafisch weist "Galerians" einige Schwachstellen auf: So bewegen sich Freund und Feind stets etwas eckig durchs Gelände, und die pixelige Hauptfigur wirkt anno 2000 gleichfalls leicht veraltet. Die Grafikeffekte beim Kampf beschränken sich auf die Darstellung der direkten Auswirkungen, großartige Lichtbögen und Blitzgewitter darf man sich also nicht erwarten. Dennoch geht der  optische Gesamteindruck durchaus in Ordnung, was nicht zuletzt an den etwas sterilen, ansonsten aber hübsch gerenderten Videoschnipseln liegt, welche bei vielen Gelegenheiten eingestreut werden (3 CDs wollen schließlich erst einmal gefüllt sein).

Der Sound unterstützt die bedrohliche Atmosphäre mit einigen düsteren Musikstücken, passenden Soundeffekten und einer überraschend gut gelungenen deutschen Sprachausgabe. Wer sich immer über die bloßen Untertitel eines "Resident Evil" oder die abscheulichen Synchronsprecher diverser Sony-Umsetzungen geärgert hat, kommt hier voll auf seine Kosten: Selbst die Gegner eröffnen nicht einfach das Feuer, sondern rufen sich gegenseitig Warnhinweise zu - wodurch sie allerdings auch vom Spieler schneller entdeckt werden. :-)

Ergebnis



Alles in allem bietet "Galerians" eine willkommene Abwechslung für alle Fans spannungsgeladener Actionadventures. Wenn auch das eigentliche Spiel nicht ganz an die Klasse seiner Capcom-Vorbilder herankommt, so ist die bedrückende Atmosphäre der immer wieder überraschenden Handlung doch einzigartig. Statt auf permanente Schockeffekte setzt dieses Spiel auf eine permanente, unterschwellige Panik, weshalb es eigentlich nur reiferen Spielern wirklich empfohlen werden kann. Splatter-Kiddies kommen also trotz einiger recht expliziter Szenen kaum auf ihre Kosten, womit wir wieder beim Anfang wären: Wer den Manga "Akira" mag, wird auch das düstere "Galerians"-Szenario zu schätzen wissen, wer nur auf die Action der Verfilmung steht, sollte vor dem Kauf lieber ein Probespiel absolvieren... (Markus Ziegler)

Wertung