The Granstream Saga

Entwickler:  Arc Entertainment
Vertrieb:  Sony
Genre:  Action-RPG
Spieler:  1
System:  Playstation

Story



"It's a small world" - bei der Granstream Saga trifft dieser Spruch tatsächlich einmal mitten ins Schwarze. Nach einem erbitterten Krieg zwischen den "Zauberern des Imperiums" und der "Armee der Vereinten Geister" ist die gesamte Welt in den Ozeanen versunken. Nur vier Miniatur-Kontinente konnten mit Hilfe eines Levitationszaubers diesem Schicksal entgehen. Jetzt allerdings geht die magische Energie zu Ende, da das Ritual nicht fristgemäß erneuert wurde, außerdem machen die imperialen Schergen erneut das Land unsicher.

In dieser Situation lenkt der Spieler die Geschicke des jungen Eon, der mit seinem Ziehvater auf Schilf, dem Kontinent des Windes, aufgewachsen ist. An seinem linken Arm trägt er einen seltsamen Kristall-Armreif, das sogenannte Zepter, welches über erstaunliche Fähigkeiten verfügt. Zum einen ist es damit möglich, wichtige Gegenstände zu scannen und zu kopieren (beispielsweise um sie an anderer Stelle zu verwenden). Zum anderen kann Eon neue Waffen, Schilde und Rüstungen erlangen, welche das Zepter aus kleinen Bruchstücken rekonstruiert. Solchermaßen gerüstet, klappert man auch die anderen Kontinente Aquas, Volcos und Zephir ab, bevor man zuletzt den Kampf mit den bösen Zauberern aufnimmt. Ständige Begleiter Eons sind die Waise Arcia, welche als einzige die Erhebungszauber erneuern kann, Laramee, die Schwester eines Luftpiraten, die sich ihm aus Abenteuerlust anschließt, sowie Korky, ein Geistertier, welches für gewöhnlich die Form eines kleinen Vogels annimmt. Als einziges Transportmittel zwischen den einzelnen Kontinenten und den darauf befindlichen Örtlichkeiten dient der fliegende (und sprechende) Turm Airlim, der Eon aufgrund seines Zepters und der darin gespeicherten Juwelen als Herrn ansieht.

Gameplay



Da die Rahmenhandlung streng linear verläuft, trifft die Genrebezeichnung "Action-RPG" (RPG = Role Playing Game = Rollenspiel) strenggenommen gar nicht zu. Levelaufstiege erfolgen beispielsweise automatisch an bestimmten Stellen des Spiels, Erfahrungspunkte gibt es nicht, und die üblichen Charaktereigenschaften sind nur ansatzweise (Attacke und Parade) vorhanden. Allerdings werden sie auch nicht benötigt, da die zahlreichen Kämpfe stets in Echtzeit ausgetragen werden. Sobald sich Eon also einem Gegner nähert, schwenkt die Kamera hinter ihn, das Zepter materialisiert die gerade angewählten Rüstungsgegenstände, und schon stürzt man sich in den Kampf.

Da jede Feindesart ihre eigenen Taktiken, Stärken und Schwächen hat, lohnt es sich, die Widersacher zunächst genau unter die Lupe zu nehmen, bevor man selbst angreift. Hinterlistigerweise verfügen die meisten Monster jedoch über unblockbare Spezialattacken, die sich durch ein kurzes violettes Leuchten ankündigen. Je nach gewählter Waffenart empfiehlt sich dann entweder ein schneller Rückzug oder ein beherzter Vorstoß, alternativ dazu kann man seine Gegner auch mit einer hübschen Auswahl an Zaubersprüchen auf Distanz halten. Nettes Feature am Rande: Übersteht man eine Auseinandersetzung ohne die Anwendung von Magie und ohne Gegentreffer, lädt sich das Zepter schrittweise auf (wird man verwundet, sinkt die Energie wieder auf Null). Nach jedem Kampf wird man gefragt, ob die Zauberkraft gespeichert oder ob das Zepter geöffnet werden soll. Auf diese Weise erhält man nicht nur einige geniale Items, sondern in seltenen Fällen auch die "Geisterkarten", für welche sich ein alter Mann in Aquas interessiert. Leider ist es mir bislang noch nicht gelungen, alle sechs zu sammeln, aber allein das Risiko ("Soll ich noch einmal erhöhen?") ist schon Nervenkitzel genug.

Leider wurde über den Kämpfen und der originellen Story das Gamedesign ein wenig vernachlässigt. So ist der Spieler des öfteren gezwungen, mehrmals von einem Gesprächspartner zum anderen zu pendeln, um eine benötigte Information zu erhalten, obwohl das Ergebnis bereits zu Beginn vorhersehbar ist. Auf diese Weise soll vermutlich vertuscht werden, daß das begehbare Spielareal letzten Endes nicht allzu groß und die zu bewältigenden Aufgaben relativ simpel sind. Ein anderes Ärgernis war folgendes: Gelegentlich erlernt man beim Finden einer neuen Waffe auch einen Special Move, welcher mit allen artverwandten Waffen (Dolche, Schwerter, Äxte) ausgeführt werden kann. Nun mußte ich beim Studium eines FAQs (und der Anleitung) entdecken, daß ich bereits im ersten größeren Dungeon das Bastardschwert übersehen habe (peinlich). Da der Zauber, mit welchem man an diesen Ort gelangt, jedoch nur einmal im Spiel funktioniert (nämlich dann, wenn er in der Handlung vorgesehen ist), muß ich jetzt wohl oder übel ohne den Dreifachschlag bei den Schwertern auskommen. Nicht gerade die feine japanische Art, oder?

Technik



Mein erster Eindruck von der Grafik läßt sich in etwa mit der entsetzten Frage "Oh Gott, was ist denn das???" wiedergeben: Aus einer fast senkrechten, aber stufenweise rotierbaren Draufsicht staksen augenlose (!) Polygonmännchen durch eine sehr aufgeräumte, um nicht zu sagen detailarme 3D-Landschaft. Irgendwann jedoch gewöhnt sich das Auge an diesen Grafikstil, woraufhin man auch die kleinen Effekte am Rande zu würdigen weiß: Die 3D-Kämpfe sind sehr sauber in Szene gesetzt, die Kollisionsabfrage ist recht genau, und Zaubersprüche erzeugen schön bunte Lichtspielereien. Sogar die Animationen wirken hier flüssig und natürlich, zumindest im Vergleich mit den hölzernen Bewegungen im normalen Spiel. An entscheidenden Stellen wird die Handlung zudem durch recht ansehnliche Anime-Sequenzen weitererzählt, die allerdings lausigst synchronisiert wurden. Zum Teil liegt dies sicherlich an den nicht gerade überzeugend eingedeutschten Texten, die auch im Spiel des öfteren für Verwirrung sorgen ("Bist Du hinunter gesprungen?" statt "Willst Du hinunter springen?"). Naja, Hauptsache, man weiß, was gemeint ist...

Ergebnis



Um es auf einen möglichst kurzen Nenner zu bringen: "The Granstream Saga" ist ein nettes Spiel, bestimmt nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Nach anfänglichen Vorbehalten bezüglich Grafik, Übersetzung und Gameplay konnte zumindest ich mich ziemlich schnell in den Spielfluß einfinden. Allerdings sollten sich reinrassige Rollenspieler oder Prügelfans eins klarmachen: "The Granstream Saga" ist keines von beiden! Man braucht taktisches Geschick und zum Teil auch Reflexe wie in einem Beat'em Up zum Überleben, ohne geduldiges Forschen und etwas Nachdenken kann die Story jedoch auch nicht vorangetrieben werden. Ob ihm das Spaß macht, muß wohl jeder Abenteurer für sich entscheiden, mich jedenfalls hat der originelle Mix gut unterhalten. (Markus Ziegler)

Wertung