Jackie Chan Stuntmaster

Entwickler:  Radical Entertainment
Vertrieb:  Sony
Genre:  Plattform-Action
Spieler:  1
System:  Playstation

Story



Wer kennt ihn nicht, den bekennenden Buster-Keaton-Fan aus Fernost, der quasi im Alleingang das Genre der Hongkong-Actionkomödie erfand? Mittlerweile ist Jackie Chan nicht mehr nur ein erfolgreicher Actiondarsteller, der angeblich noch immer all seine Stunts persönlich ausführt, sondern produziert auch seine eigenen Filme und führt nebenbei Regie. Auch auf dem Videospielmarkt hat der flexible Selfmade-Man schon inoffiziell Fuß gefaßt: Namco ließ sich von seiner Rolle in den "Police Story"-Filmen zur Figur des Tekken-Kämpfers Lei Wu Long inspirieren.

Um so erstaunlicher, daß der Mann es noch nötig hat, seinen Namen und seine Stimme an ein Developerteam zu verkaufen, welches sich in der Vergangenheit vor allem durch mittelmäßige "Räuber und Gendarm"-Spiele wie "Grid Run" und "Blood Lines" hervorgetan hat. Tja, und so kommt es, wie es wohl kommen mußte: Jackie Chan erhält sein erstes eigenes, sterbenslangweiliges Plattformspielchen...

Gameplay



Dabei fängt alles noch recht vielversprechend an: Genau wie in Activisions "Wu-Tang" (und unzähligen Easterns) wird der weise Meister (hier Jackies Großvater) von üblen Schurken entführt, welche der in Wirklichkeit gar nicht mehr so jugendliche Held durch die ganze Stadt verfolgt. Auch die Idee, Jackies Umgebung in das Spiel mit einzubeziehen, wäre gar nicht verkehrt - Trademark Moves wie das Hochlaufen einer Zimmerwand oder das Prügeln mit den absurdesten Gegenständen (Fische, Mülltonnendeckel...) finden sich in fast jedem Jackie-Chan-Film.

Wenn sie jedoch so lieblos umgesetzt werden wie hier, könnte man ebensogut darauf verzichten. Das ganze Schlamassel beginnt damit, daß von vornherein keine Analogsteuerung unterstützt wird. Jackie bewegt sich hölzern in 8 Richtungen und kennt nur eine Laufgeschwindigkeit. Trifft er dann auf die ebenso mager animierten Gegner, läßt er die Fäuste und Füße in einigen wenigen Combos sprechen oder bedient sich erschreckend unspektakulärer Würfe. Da dies vermutlich immer noch nicht ausreichen würde, um einen echten Chan-Fan wie mich auf die Bretter zu schicken, streuten die Entwickler zahlreiche Instant-Tode ein: Man joggt einen Bürgersteig entlang, bleibt an einem Wasserrohr (!) hängen, will einen Schritt zur Seite machen (woraus bei der digitalen Steuerung praktisch ein Sprung wird) und gerät mit einem Bein auf die Straße. Natürlich rumpelt just in diesem Moment ein Auto heran, das den armen Jackie kurzerhand überfährt, wodurch auf der Stelle eine der anfangs 3 Filmklappen (Spielerleben) verloren ist. Immer noch nicht genug? Na schön. Wie klingt das: Nach jedem Tod lädt das Spiel rund zwanzig Sekunden lang die selbe (!!!) Szene nochmals in den Speicher. Argh!

Glücklicherweise darf der Fortschritt nach jedem bewältigten Spielabschnitt gespeichert werden, was zumindest den Frust etwas in Grenzen hält. Der ist allerdings vorprogrammiert, sobald man versucht, alle 10 roten Drachenköpfe eines Levels zu finden. Diese im Gegensatz zu den normalen Power Ups (Milchtüten, Reisschalen) außerordentlich gut versteckten Icons befinden sich nämlich zumeist an Orten, die aufgrund der unübersichtlichen Perspektive sowie der mehr als hakeligen Steuerung praktisch unzugänglich sind. Klar, die Grundidee, von einer Plattform auf eine winzige Säule, von dort aus weiter an eine Wand und von dieser aus wieder zurückzuspringen und unterwegs noch schnell den Drachen aufzusammeln, klingt interessant und könnte direkt aus einem Chan-Drehbuch stammen. In der Praxis ist die Ausführung jedoch fast unmöglich, und Neuversuche stehen ebenfalls nie zur Debatte. Stürzt man nämlich einmal auf die Straße, gibt es nur in den seltensten Fällen wieder einen Weg nach oben - tolles Gamedesign, nicht wahr?

Technik



Auch die Präsentation ist nicht gerade ein Ruhmesblatt im großen Album der Playstationspiele. Zwar sind Intro und Zwischensequenzen ganz nett choreographiert, jedoch so klobig und lieblos gerendert, daß dagegen selbst die Spielgrafik noch annehmbar aussieht. Diese besteht aus erschreckend kargen und dabei noch leicht ruckelnden Polygon-Szenarien, welche aus einer vorgegebenen, leicht erhöhten Seitansicht gezeigt werden, wie sie im Sidescroller-Genre seit anderthalb Jahrzehnten Tradition ist. Einziger Lichtblick sind die Developer-Credits, welche ganz in Jackie-Chan-Manier einige "Outtakes" enthalten, allerdings können auch diese in Sachen Witz und Situationskomik nicht mit den Vorbildern auf der Kinoleinwand konkurrieren.

Bleibt die dröge Sounduntermalung, die gelegentlich durch Jackies Original-Sprachsamples aufgelockert wird - immerhin etwas. Wer also jemals daran gezweifelt hat, daß der Mann schon mit den einfachsten englischen Sätzen Probleme hat - hier ist der Beweis!

Ergebnis



Ich bin mit dem festen Vorsatz an diesen Test gegangen: "It's only trash, but I like it!" Leider trifft das nicht zu. "Jackie Chan Stuntmaster" ist schlicht und ergreifend eine Aneinanderreihung langweiliger Prügelsequenzen im Stile des ersten "Double Dragon". Der Versuch, durch eingestreute Jump'n'Run-Einlagen frischen Wind in das angestaubte Spielprinzip zu bringen, scheitert an der viel zu trägen Steuerung sowie dem unübersichtlichen Blickwinkel. Nein, dann gebe ich mein Geld doch lieber für zwei Videos oder fünf Kinobesuche aus... (Markus Ziegler)

Wertung