Kessen

Entwickler:  Koei
Vertrieb:  Electronic Arts
Genre:  Strategie
Spieler:  1
System:  PS2

Story + Gameplay + Präsentation + Fazit + Wertung



"Kessen" bedeutet wörtlich aus dem Japanischen übersetzt in etwa "entscheidende Schlacht", und genau darum geht es hier: Vor einem historisch korrekten Hintergrund schicken die Strategieexperten von Koei das Haus Toyotomi gegen den Tokugawa-Klan ins Feld. Zeit für eine kurze Zusammenfassung: Nach dem Tode des Herrschers Hideyoshi im Jahre 1598 gerät die Einheit Japans aus den Fugen. Statt die Macht (wie von Hideyoshi gewünscht) an die Toyotomis abzutreten, ist General Ieyasu Tokugawa besessen vom Gedanken, ganz Japan zu beherrschen. In der Schlacht von Sekigahara im Jahre 1600 treffen die östlichen Armeen unter Führung Tokugawas auf die westlichen, Toyotomi-treuen Streitkräfte unter General Mitsunari Ishida. In der realen Welt triumphierte Tokugawa und wurde 1603 Shogun (militärischer Führer). Die Tokugawa-Shoguns blieben für ganze 250 Jahre an der Macht.

"Kessen" bietet zwei verzweigte Kampagnen. So muss man zuerst die Geschichte nachspielen und Tokugawa auf den Thron bringen, bevor man als Mitsunari Ishida auch die westlichen Streitkräfte zum Sieg führen darf. Dabei ist es durchaus legitim, einige Schlachten zu verlieren - da Generäle nach der Zerschlagung ihrer Einheit stets vom Schlachtfeld fliehen (wie unehrenhaft), gibt es immer eine Chance, erneut zu kämpfen...

Story + Gameplay + Präsentation + Fazit + Wertung



So komplex und verwirrend die monumentalen Scharmützel zunächst aussehen, so einfach sind sie prinzipiell zu spielen und zu erklären. Selbst das Handbuch widmet sich kaum dem eigentlichen Spielablauf, sondern liefert wertvolle Hinweise zu den geschichtlichen Fakten und Persönlichkeiten. Die Rolle des Lehrmeisters übernimmt stattdessen ein hilfreiches Tutorial, welches immer wieder neue Einzelheiten erklärt und praktisch die gesamte erste Kampagne über (insgesamt sechs größere und kleinere Schlachten) andauert.

Generell gliedern sich große Schlachten in zwei Phasen: Vorbereitung und Kampf. Während der Vorbereitung dürfen die gegnerischen Generäle eingesehen und die eigenen zum Teil ausgetauscht werden. Zudem besteht die Möglichkeit, feindliche Anführer durch Bestechung zum Überlaufen oder zumindest zur Neutralität zu bewegen. Ob diese Maßnahmen allerdings Früchte tragen, zeigt sich erst mitten im Gefecht, was die Planung logischerweise etwas erschwert. Der Modifikation der Schlachtreihen kommt besondere Bedeutung zu:  Jedem General steht eine festgesetzte Anzahl an Soldaten zur Verfügung, die abhängig von den vorrätigen Gewehren, Bögen und Pferden zu diversen Truppengattungen ausgebildet werden können. Spezialeinheiten wie die "Kunoichi" (weibliche Ninja-Truppen) bleiben jedoch bestimmten Anführern vorbehalten.

Doch ist nicht nur die Kampfkraft der Einheiten von Bedeutung, vielmehr entscheidet das Zusammenspiel von Truppengattung, Formation und Spezialfähigkeiten des Generals über Sieg oder Niederlage. So beherrscht jeder Anführer besondere Manöver, welche er seinen Untergebenen im Gefecht befehlen kann. Logischerweise erfordert zum Beispiel ein Sperrfeuer Soldaten mit Musketen, ein Ansturm kann nur von Lanzenreitern durchgeführt werden und so weiter. Besonders effektiv ist darüber hinaus die Kanonade, die den Feind aus großer Entfernung per Artilleriebeschuss bearbeitet. Der letzte Teil der Kampfvorbereitung ist der mit Abstand aufwendigste und umfasst Aufstellung und Startbefehle. Sofern man nicht einfach den voreingestellten Schlachtplan übernimmt oder sich für grundlegende Taktiken wie offensiv, defensiv oder Generalattacke entscheidet, darf hier jede einzelne Einheit aufgestellt und instruiert werden.

Die eigentliche Schlacht läuft dann mehr oder weniger von selbst ab: In Echtzeit marschieren die Heere aufeinander los, sobald jedoch eine Taste gedrückt wird, hält die Zeit an. So hetzt man möglichst viele seiner Mannen auf möglichst wenige Gegner, da jede zerstörte Feindeinheit den Eifer der eigenen Krieger ansteigen lässt. Schwillt der Eiferwert über 80 Prozent, sind die erwähnten Spezialattacken durchführbar. Da die von den Ratgebern vorgeschlagenen Pläne meist ohnehin gut durchdacht sind, besteht die Hauptaufgabe des Spielers also darin, ständig all seine Heerführer zu überwachen, sie notfalls aus ungünstigen Gefechten abzuziehen und bei Gelegenheit ihre Spezialattacken zu entfesseln. Ab und an führen die Jungs ihre Manöver aber auch selbstständig aus oder bitten den Spieler, versprengte Gegner verfolgen bzw. sich ausruhen zu dürfen.

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All diese Geschehnisse und Spezialangriffe werden durch beeindruckende, in der Spielgrafik berechnete Zwischensequenzen visualisiert. Auch in die Schlachten darf man sich jederzeit einklinken, woraufhin eine automatische Kamera hautnah auf die Zweikämpfe zoomt. Allerdings sind nur etwa 100 Charaktere tatsächlich zu sehen, wobei jeder von ihnen für 10 bis 50 (Schätzwert) reale Soldaten steht. Fällt einer, bedeutet das also einen Verlust von 10 bis 50 Mann. Doch was heißt eigentlich "nur" 100 Charaktere? Auch wenn jeder Kämpfertyp lediglich fünf Animationen aufweist (zwei Angriffe, ein Block, ein Treffer und Umherlaufen bzw. -reiten), ist das gebotene Spektakel doch fast unbeschreiblich. Jetzt auf den gelegentlichen Clippingfehlern (praktisch alle Anführer schwingen ihre Speere mitten durch ihre kunstvollen Fantasiehelme) herumhacken zu wollen, wäre schlichtweg kindisch. Dagegen wirkt die "normale" Spielansicht trotz Zoom- und Schwenkoption fast schon etwas langweilig, doch bietet sie die zum Sieg nötige Übersicht.

Auch der Sound gibt sich keine Blöße. Zu orchestralen Begleitstücken gesellen sich saubere Effekte und in der Regel sehr gute deutsche (!) Sprecher aller wichtigen Personen (besonders zu loben: der Erzähler). Auch die netten Rendervideos machen der PS2 in technischer Hinsicht alle Ehre und wurden sorgfältig synchronisiert.

Story + Gameplay + Präsentation + Fazit + Wertung



"Zu unübersichtlich" sagen die einen, "zu wenig zu tun" die anderen. Was solls, solange es Spaß macht? Und genau das tut "Kessen". Es ist einfach ein ungeheures Vergnügen, seine Truppen taktisch geschickt zu postieren, Hinterhalte zu legen oder einfach nur den Gegner mit einem Ninja-Angriff zu überraschen (autsch)! Dazu kommen eine spannende, wenn auch anfangs etwas verwirrende Storyline, glaubwürdige, weil reale Charaktere und nicht zuletzt natürlich eine bombastische Präsentation. Sicher, der eine oder andere Clippingfehler hätte vielleicht vermieden werden können - aber wen interessiert das, solange der einzige Unterschied zwischen den Echtzeit-berechneten und vorgerenderten Sequenzen in einem leichten, PS2-typischen Flimmern besteht? Die einzige echte Kritik, die sich Koei gefallen lassen muss, ist, dass "Kessen" verhältnismäßig schnell durchgespielt ist. Nicht jeder wird absichtlich verlieren wollen, nur um einige zusätzliche Schlachten schlagen zu dürfen... (Markus Ziegler)

Story + Gameplay + Präsentation + Fazit + Wertung