Legend of Legaia

Entwickler:  Prokion/Contrail
Vertrieb:  Sony
Genre:  Rollenspiel
Spieler:  1
System:  Playstation

Story



Wer dachte, Los Angeles habe ein schwerwiegendes Smogproblem, der hat noch nie das Fantasyreich Legaia besucht. Das nämlich wird seit zwölf Jahren von einem mysteriösen Nebel überzogen, welcher die Menschen in Panik versetzt. Unter dem Einfluß seiner seltsamen Wolken verwandeln sich friedliche Artefakte, die sogannten Seru, in reißende Bestien, welche alles attackieren, was sich ihnen in den Weg stellt. Besonders schnlimm ergeht es Menschen, welche sich mit diesen machtvollen Hilfswerkzeugen verbunden haben, um sich die tägliche Arbeit zu erleichtern: Sie mutieren unter ihrem Einfluß zu unkontrollierten Monstern ohne Sinn und Verstand.

In dieser Zeit der Not halten sich der 14jährige Vahn (die Namen aller drei Helden sind frei wählbar) und sein Dorf hinter einer hohen Mauer versteckt, welche nur zum Jagen verlassen wird. Eines Nachts jedoch reißt ein enormes Ungetüm diesen Schutzwall nieder, und Zeto, der (scheinbare) Herrscher und Erschaffer des Nebels, stürmt mit seinem Gefolge das Städtchen. Zu diesem Zeitpunkt erfährt Vahn, daß der inmitten des Ortes stehende Genesis-Baum nicht nur in der Lage ist, den Nebel und damit auch die rasenden Seru zurückzudrängen, sondern ein ganz besonderes Geschenk für ihn bereithält: einen Ra-Seru, der fortan sein rechtes Handgelenk ziert. Dieser wird vom Nebel nicht beeinflußt und erlaubt es Vahn, zu einer Rettungsaktion gegen den Nebel aufzubrechen.

Unterwegs (zeitweilig werden die verschiedenen Helden einzeln gesteuert) trifft er auf ein junges Mädchen namens Noa, welches von einer sprechenden Wölfin aufgezogen wurde. Als diese stirbt, verbündet sich das Ra-Seru, welches dem Tier seine Fähigkeiten verlieh, mit Noa. Als dann auch noch der Kampfmönch Gala zu ihnen stößt und ebenfalls mit einem Ra-Seru ausgerüstet wird, ist die Dreierparty komplett und kann den Nebelgenerator zerstören.

Ups, schon vorbei, nach nur... acht Stunden? Weit gefehlt, hier beginnt das Spiel erst richtig, denn nun bereisen die drei Helden auch den Rest der Welt auf der Suche nach weiteren Generatoren sowie dem abtrünnigen Mönch Songi, welcher sich ebenfalls mit einem Seru verbündet hat, allerdings ohne von ihm beherrscht zu werden. Unterwegs warten die üblichen, in eine komplett lineare Story eingebetteten Miniquests auf sie, ebenso wie eine Anzahl netter Bonusspielchen, welche unter anderem einen Spielautomaten,  eine Battle Arena sowie einen kleinen Angeltest enthalten.

Gameplay



Ja, trotz der Beschränkung auf eine CD (heutzutage schon relativ selten) gibt es viel zu tun im Reich Legaia, wobei das meiste zum Standardrepertoire eines erfahrenen Japano-Rollenspielers zählt. Leider fallen auch die Charaktere und Bösewichter erschreckend eindimensional aus, obwohl die gewählten Aktionen kurz vor Schluß immerhin den Ausgang der Geschichte beeinflussen können.

Nein, weder Story noch Personen stellen die Besonderheit von "Legend of Legaia" dar, vielmehr verleiht das ungewöhnliche (Runden-) Kampfsystem dem Abenteuer seine persönliche Note. Jeder Charakter verfügt über vier Angriffsarten (deutsche Übersetzung: Künste), welche individuell kombiniert werden können: linker Arm (Waffe), rechter Arm (Ra-Seru), niedriger und hoher Tritt. Ähnlich wie schon in Squares "Xenogears" ergeben sich daraus bei richtiger Anwendung spektakuläre Special Moves, welche hier allerdings nur einmal richtig ausgeführt werden müssen, um erlernt zu werden. Leider zieht jede Combo einen bestimmten Betrag von den maximal 100 "Künstepunkten" eines jeden Helden ab. Diese werden mit Hilfe eines "Zauberkraft" genannten Befehls aufgefüllt, zudem lassen sich nach der Konzentrationsübung mehr Befehle aneinanderreihen.

Alternativ vermögen die Ra-Seru auch die Fähigkeiten anderer Seru nachzuahmen, vorausgesetzt, diese wurden ohne ihre Hilfe zur Strecke gebracht. Die Ra-Seru-Befehle entsprechen weitgehend der Magie in anderen Rollenspielen, nehmen jedoch mit der Anzahl ihrer Aufrufe an Stärke zu. So richtet eine Feuerattacke beispielsweise nicht nur mehr Schaden an, sondern schwächt das Ziel gleichzeitig, oder ein Heilspruch behebt zusätzlich Vergiftungen oder gar alle Statusveränderungen. Insgesamt können diese Sprüche neun Stufen durchlaufen, bevor ihre maximale Effektivität erreicht ist.

Während all dies zu Beginn sehr originell und motivierend wirkt, macht sich schon bald die Kehrseite der Medaille bemerkbar: Man kämpft ewig lange und oft gegen schwache Gegner, um die Heil- und Lähmen-Sprüche hochzupowern, sucht danach ein Dorf oder eine sonstige Regenerationsstätte auf, und das Spiel beginnt wieder von vorn. Darüber hinaus ist es praktisch unmöglich, alle Angriffskombinationen (bei fünf Attacken wären das immerhin 1024!) durch bloßes Probieren herauszufinden, und die gelegentlichen Hinweise decken nur einen Bruchteil der möglichen Befehle ab. So bleibt der Blick in ein FAQ-File unverzichtbar, und das war noch nie gut für ein Spiel...

Technik



Legend of Legaia setzt vollständig auf in Echtzeit berechnete Polygongrafik, nutzt diese jedoch nur unzureichend. So ist es unmöglich, die Perspektive in irgendeiner Weise zu verändern, und nur einige wenige Kameraschwenks erinnern daran, daß diese Möglichkeit theoretisch bestanden hätte. Zudem gingen die Entwickler den typisch japanischen (sprich: falschen:-) Weg, was das Charakterdesign anging: Während die Anime-lastigen Protagonisten in Kämpfen eine gute, weil normal proportionierte Figur machen, müssen auf der Weltkarte und in Städten die gewohnten Kopffüßer herhalten, welche zu allem Überfluß auch noch deutlich liebloser wirken als seinerzeit die Betonköpfe von "Final Fantasy VII"! Schade, denn ansonsten wäre die 3D-Optik trotz eines massiven Wabereffekts (tritt auf, wenn nicht alle Polygone und Texturen im exakt gleichen Moment berechnet werden können) sehr sauber, wiewohl keinesfalls spektakulär ausgefallen.

Sprachausgabe sucht man leider wieder einmal vergebens, was sich angesichts der brauchbaren deutschen Übersetzung aber gerade noch verschmerzen läßt. Viel lästiger ist die Drum'n'Bass-ähnliche Musikuntermalung der zahlreichen Zufallskämpfe, welche so gar nicht zum ruhigen Stil der restlichen Melodien passen will.

Ergebnis



Tja, meine Motivationskurve bei "Legend of Legaia" entsprach in etwa der bei "Final Fantasy VIII" im Maßstab 1:3. Was zunächst recht (nicht äußerst) vielversprechend anfing, verwandelte sich im Lauf der ersten Stunden in eine ziemlich (nicht furchtbar) langweilige Pflichtarbeit, deren Tiefpunkt das völlig unmotivierte Auftauchen und unspektakuläre Ableben des ersten großen Endgegners bildete. Hernach wurde es wieder besser, aber nie überschritt das Spiel die Schwelle zwischen "nett/unterhaltsam" und "fesselnd/faszinierend". Neben der mittelmäßigen Optik (3D ist nicht immer die bessere Lösung) mache ich dafür hauptsächlich das weitgehende Fehlen der Charakterinteraktion verantwortlich. Klar, es ist schon ganz lustig, die in der Wildnis aufgewachsene Noa in der Stadt zu beobachten, aber das war's dann auch. Oder man hilft dem ganzen Königreich, und was bekommt man dafür? Eine kurze Privataudienz und den Auftrag, auch die anderen Gebiete zu befreien - toll.

Da lobe ich mir doch die spaßigen Kabbeleien von "Grandia", auch wenn die dortigen Akteure gerade dem Kinderwagen entwachsen sind. Um es auf den Punkt zu bringen: "Legend of Legaia" bietet von Rahmenhandlung und Charakterentwicklung her nichts, was man nicht schon gesehen hätte, hält jedoch durch einige originelle Einfälle beim Kampfsystem zumindest hartnäckige Spieler bei der Stange und entfaltet durch einige versteckte Bonusfeatures nach und nach durchaus einen gewissen Charme; es gibt schlechtere Wege, sich die Zeit bis zum Erscheinen von "Final Fantasy IX" (dann auch wieder mit Kopffüßern) zu vertreiben! (Markus Ziegler)

Wertung