Pocket Fighter

Entwickler:  Capcom
Vertrieb:  Virgin/Import
Genre:  Beat'em Up
Spieler:  1-2
System:  Playstation/Saturn

Story


Es war einmal ein mäßig originelles Prügelspiel namens "Street Fighter". Einige Zeit später brachte Capcom den grundlegend überarbeiteten und grafisch sowie spielerisch mitreißenden Nachfolger in die Spielhallen, wo "Street Fighter II" schnell Furore machte. Seitdem entstanden (beinahe) unzählige Nachfolger, darunter auch die äußerst witzige Cartoon-Prügel-Reihe "Vampire" (außerhalb Japans "Darkstalkers" genannt). Aus diesen beiden Serien schuf Capcom das Szenario für einen unterhaltsamen Tetris-Klon: "Super Puzzle Fighter II Turbo". So, und aus den niedlichen Kämpferlein dieses Spiels ging "Pocket Fighter" hervor, quasi das Beat'em Up zum Knobelspiel zum Beat'em Up...

Die Saturnversion dieses Titels ist übrigens nur als Japanimport erhältlich, soll hier aber der Vollständigkeit halber auch aufgeführt werden.

Gameplay


Die Optionsauswahl dürfte Alt-Streetfightern bereits auf den ersten Blick vertraut sein: Arcade-, Vs-, Trainings- und Survival-Modus stehen zur Auswahl, zudem lassen sich die Anzahl der Gewinnsätze (1 bis 3) sowie die Spielgeschwindigkeit variieren. Erst im eigentlichen Spiel folgt die große Überraschung - bzw. der Schock - für Fans der Serie: "Pocket Fighter" unterscheidet sich grundlegend von jedem SF-Titel, was ganz neue Taktiken erforderlich macht. Das beginnt bereits damit, daß die vormals sechs Punch- und Kick-Buttons auf je einen reduziert wurden, dazu gesellen sich eine Taste für Taunts (Verhöhnungen) sowie eine für die nicht blockbaren Spezialschläge eines jeden Charakters. Hier wird die Sache kompliziert:

Bei jedem nicht geblockten Schlag verliert der Getroffene neben Lebensenergie auch die aus SPF2T bekannten Gems, welche von jedem der beiden Widersacher aufgesammelt werden können. Sie kommen in drei Farben vor (rot, gelb, blau) und erhöhen die Effektivität dreier ausgewählter Special Moves (Beispiel Ryu: Hadoken, Shoryuken, Tatsumaki-Senpukyaku) in je zwei Stufen. Da die aufgedonnerten Specials einen deutlich höheren Schaden anrichten und zumeist mehr Reichweite haben, ist es unabdingbar, sich entweder gleich die Klunker zu schnappen oder sie dem Gegner wieder abzujagen. Hier kommen die erwähnten Spezialschläge ins Spiel, die zwar stark unter ihren langen Aufladezeiten leiden, dem Widersacher bei einem Treffer jedoch gleich einen Riesen-Gem entziehen. Klingt kompliziert? Ist es auch, vor allem deshalb, weil jeder halbwegs geschickte Spieler diesen Attacken mit Leichtigkeit ausweicht. Dennoch sind sie eine wirksame Waffe gegen Anfänger und in der Stage-Ecke gefangene Opfer.

Die sonstigen Neuerungen sind kleiner, aber fast noch feiner: Einfache Schläge lassen sich jetzt zu Vierercombos zusammenziehen, in deren Verlauf vor allem die Kämpferinnen gerne ihre Kostüme wechseln. Nein, nicht, was Ihr denkt, vielmehr verwandelt sich z. B. Chun Li in Jill Valentine (Resident Evil), June Lin Milliam (Star Gladiator) oder ein Schulmädchen. Des weiteren flattern nun kleine Kobolde durchs Bild und lassen nach einem Rempler Gems, energiespendende Leckereien oder kleine Wurfkugeln fallen. Diese dürfen jederzeit nach dem Gegner geschleudert werden und reichen in ihrer Wirkung vom Ausrutschen (Bananenschale) bis zum Abfackeln (Bombe,
Feuerball). Letzte kleine Änderung: Special Moves richten nunmehr keinen Schaden an, wenn sie geblockt werden, was ihre Effektivität doch etwas einschränkt.

Die Playstation-Version bietet echten Fans noch ein ganz besonderes Bonbon, nämlich den "Edit Fighter"-Modus. Hier erstellt man durch Beantworten von Fragen wie "Welchen Wochentag magst Du lieber: Freitag oder Samstag?" seinen eigenen Kämpfer, der sich dann in automatisch ablaufenden Partien mit ebenfalls CPU-gesteuerten Gegnern um Bonusgegenstände balgt, welche seine Abwehr verbessern, Special Moves effektiver machen und und und. Optional darf man seinen Schützling auch im Survivalmodus oder gegen den Charakter eines zweiten Spielers antreten lassen, weswegen sich die Kerls nicht nur speichern sondern auch in Form eines Paßworts eingeben lassen.

Technik


In Sachen Scrolling, Farben und Animationen nehmen sich Playstation und Saturn nicht viel, lediglich bei den Hintergründen hat die Sega-Konsole dank ihrer 4MB-Cartridge die Nase leicht vorn. Auch die Ladezeiten sind hier bedeutend kürzer, allerdings nicht so beeindruckend wie die von "X-Men vs. Street Fighter". Dafür wird man am Saturn bis zum Abwinken mit japanischen Schriftzeichen belästigt (Menüs in Englisch), während die Playstationversion durchgehend englische Screentexte bietet.

Grafik und Sound entsprechen also durchweg dem hohen Capcom-Standard, ein nettes Detail soll hier aber noch erwähnt werden: In den massiv animierten Hintergründen tummeln sich Unmengen von Capcom-Charakteren, von SF-Kämpen (besonders niedlich: Cammy im Kindformat, die M. Bison am Hosenbein in ein Modegeschäft hineinzuziehen versucht) bis hin zu den drei seltsamen Gestalten aus "Pang 3".

Ergebnis


"Pocket Fighter" kann es leider nicht mit seinem Urvater aufnehmen, wenn es auf Kriterien wie Spieltiefe und -taktik ankommt. Wer jedoch ein etwas anderes (weil quietschbuntes und äußerst kindgerechtes) Beat'em Up sucht oder ganz einfach "Street Fighter"-Fan ist, darf hier beruhigt zuschlagen. Vor allem der witzige Edit-Modus auf der Playstation läßt einen so richtig mitleiden und vergessen, daß man gar nicht selbst am Joypad hängt. Und wer weiß: Vielleicht findet das abgedroschene Spielprinzip dank der vereinfachten Steuerung und des ungewohnten Ambientes ja auch ganz neue Fans? (Markus Ziegler)

Wertung