Porsche Challenge

DIE STORY 

Wenn die Zuffenhausener Porsche-Werke ein neues Modell auf den Markt bringen, ist das Öffentlichkeitsinteresse traditionell riesig. Bei der Vorstellung des Porsche Boxsters wurde nochmals einer draufgesetzt: Wohl zum ersten Mal in der Videospielgeschichte wird ein Automobil gleich zur Markteinführung mit einem Videospiel geehrt!

DAS GAMEPLAY 


Folglich wird in Porsche Challenge nur ein einziges Auto simuliert, der Porsche Boxster. Leider geht der Fanatismus so weit, daß sich auf den vier Rundkursen überhaupt keine anderen Fahrzeuge blicken lassen, Mensch und Gegner befinden sich also völlig in Porsche-Hand. Allerdings stehen sechs Fahrer(innen) zur Auswahl, die sich allesamt leicht in ihren individuellen Fahr(zeug)künsten unterscheiden. So weist Blondschopf Nikita zwar eine bessere Beschleunigung auf, dafür kann der smarte Dan durch überlegenes Kurvenverhalten überzeugen. Näher lernt man seinen Wunschcharakter jedoch nicht kennen, selbst im Duellmodus wird nur kurz ein Renderbild des Siegers gezeigt. Das ist besonders deshalb inkonsequent, da der Spieler nach Runden- und Streckenbestzeiten nicht einmal seinen eigenen Namen in die speicherbaren Highscores eintragen darf. So bleiben weder an ihn noch an die einzelnen Fahrer bleibende Erinnerungen.

Doch genug der unwichtigen Details, kommen wir zum Kern des Spiels - dem Rennreglement. Jeder der vier Kurse muß dreimal siegreich durcheilt werden, um die Saison für sich zu entscheiden. Je nach Schwierigkeitsgrad darf man hierfür auf zwei bis fünf Continues zurückgreifen, bevor das endgültige Game Over droht. Bei jedem der drei Rennen präsentieren sich die Strecken etwas anders: Im ersten Durchlauf wird nur die kürzestmögliche Distanz gefahren, wodurch viele haarige Stellen vermieden werden. Diese sind beim zweiten Mal dafür um so häufiger vertreten, wenn eine lange Version der Pisten den Spieler mit neuen Schwierigkeiten konfrontiert. Eine Mischung aus beiden bietet die dritte, sogenannte "interaktive" Variante: Hier verzweigen sich die Weggabelungen in jeder der vier Runden anders, zusätzlich erschweren zufallsgesteuerte Hindernisse wie Baustellen oder quer zur Straße rollende Lastwagen das sichere Manövrieren. Nach vier bzw. acht absolvierten Rennen lassen sich Bestzeiten und erspielte Strecken abspeichern, und nach einem kompletten Durchgang ist auch der Mirror Mode anwählbar. Darüber hinaus existiert auch ein Zweispieler-Splitscreen-Duell, bei dem sich leider kein einziges Feindfahrzeug auf die Strecke traut. Dafür dürfen hier Einstellungen bezüglich Vorsprung, Rundenzahl und Aufholoption (der zweite Wagen fährt bis zu 10 km/h schneller) getroffen werden.

Bereits im Vorfeld läßt sich die individuell gewünschte Steuermethode festlegen, wobei das analoge NeGcon-Pad ganz klar die erste Wahl darstellt. Schmählich vernachlässigt werden hingegen Besitzer eines Joysticks, da sich die vier Steuerfunktionen (Gas, Bremse, Handbremse, Rückwärtsgang) ausschließlich auf die vorderen Knöpfe verteilen lassen, was beim Stickbetrieb äußerst unhandlich ist. Hat man sich dann noch für manuelle/automatische Schaltung und Arcade-/Simulationsmodus (wobei kaum Unterschiede festzustellen sind) entschieden, geht es auch schon auf die Piste. Dort wechselt man im fliegenden Start noch schnell ein paar (leider nicht abschaltbare) Worte mit seinem individuellen Widersacher, der einem das ganze Rennen über nicht von der Pelle rückt. Mit ihm im Schlepptau arbeitet man sich nun möglichst vom sechsten auf den ersten Platz vor, wobei zusätzlich alle Checkpoints innerhalb des vorgegebenen Zeitlimits erreicht werden müssen. Gelegentlich öffnen sich auch versteckte Abkürzungen, durch die der Rennverlauf in letzter Sekunde nochmals auf den Kopf gestellt werden kann. Je nach Schwierigkeitsgrad nutzen auch die Computerfahrer ab und an diese Möglichkeit. Der letzte Gegner, ein erfreulich schweigsamer Testfahrer, tut das übrigens bei jeder sich bietenden Gelegenheit.

Das Handling der Fahrzeuge stellt einen zu Anfang vor die größten Probleme: Der gezielte Einsatz der Handbremse ist fast von ebensogroßer Bedeutung wie der regelmäßige Tritt auf das normale Bremspedal. Vorbei sind die Zeiten, da normale Kurven mit Vollgas und lediglich ganz vertrackte Schikanen etwas langsamer genommen wurden. Zumindest bei digitalen (Standard-)Pads geht die Lenkung zudem etwas nach, da die Räder sich nur mit (realistischer) Verzögerung zurück in ihre gerade Ausgangsstellung begeben. Oder, um meine ersten Gedanken wiederzugeben: "Wenn sich der echte Boxter nicht besser fährt, wird das der Flop der Saison!" Allerdings gewöhnt man sich schon nach wenigen Anläufen an diese Lenkeigenschaften, so daß die Meisterschaft im Easy-Modus bereits beim ersten Versuch kein unlösbares Problem ist. Dahingegen bezweifle ich, daß die Rennen auf Schwierigkeit "tückisch" innerhalb der drei bzw. vier vorgegebenen Runden ohne Fahrercheat überhaupt zu gewinnen sind. Hier sind die Feindfahrzeuge selbst bei der Endgeschwindigkeit im Vorteil!

DIE TECHNIK 


Die dargestellten Autos gehören ganz klar zum besten, was es in dieser Kathegorie gibt: Die detaillierten Karossen können nicht nur Texturen, sondern auch Gouraud-Schattierungen aufweisen, was sehr schöne Licht- und Schattenspiele ermöglicht. Dem gegenüber stehen die zum Teil sehr karg wirkenden Strecken. Kommt schon, Leute: Auch wenn die Weissacher Teststrecke genau so aussieht, braucht man sie doch nicht 1:1 ins Spiel zu übernehmen. Zumindest ein paar Stuttgarter Wahrzeichen hätten mir als Exil-Schwaben wirklich gutgetan. Die anderen Kurse (USA, Alpen und Japan) haben dagegen durchaus ihre Reize, wobei auch hier die Grenzen des machbaren sicherlich nicht erreicht wurden. Die Landschaft wirkt streckenweise ziemlich grob und die Fahrbahn selbst wie eine Schotterpiste. Außerdem wurde auf Animation (abgesehen von Autos und Fahrern) fast völlig verzichtet. Lediglich einige blinkende Warnschilder (Japan) sowie träge dahinrumpelnde LKWs und Straßenbahnen (USA) lockern das Geschehen etwas auf. Auch auf Gegenverkehr wurde verzichtet, was jedoch am ehesten zu verschmerzen ist.

Weniger gelungen ist die Fahrerperspektive: Hier sitzt man praktisch auf Höhe der Stoßstange, wodurch auftauchende Kurven und Fahrzeuge erst viel zu spät erkannt werden. Am praktikabelsten zeigt sich im Dauerbetrieb die entferntere der beiden Außenansichten. Hier können auch überholende Gegner (zu erkennen im Mini-Radar) noch souverän ausgebremst werden. Im Zweispieler-Modus wird der Bildschirm horizontal geteilt, und die Programmierer zeigen, was wirklich in ihnen steckt: Zwar wird hier mit Hardtop gefahren, um Polygone zu sparen, doch scheinen alle Grafikdetails enthalten zu sein. Auch die Sichtweite wird nur unwesentlich verringert, was bei gleichbleibender Geschwindigkeit faire Duelle garantiert. Vom Sound gibt es nicht viel zu berichten: Das Motorengebrumm klingt etwas schwach auf der Brust, dafür hupt jeder Wagen in einer individuellen Tonlage (wichtiges Feature :-). Die schnellen Begleitmusiken sorgen für echte Rennatmosphäre, hören sich jedoch allesamt recht ähnlich an. Als kleinen Trost erklingen (zumindest bei Solo-Piloten) an markanten Streckenabschnitten passende Hintergrundgeräusche (Kirchenglocken, Polizeisirenen etc.). Ach ja, wer mag, darf sich noch ein Video über die Entstehung des Boxster-Designs ansehen!

DAS ERGEBNIS 


Alles in allem bin ich von Porsche Challenge ein klein wenig enttäuscht. Nach dem riesigen Presse-Hype (die Kollegen der Videospiel-Presse aus ganz Europa wurden eigens nach Stuttgart eingeladen, machten Werksbesichtigungen und kamen in den Genuß einer Boxster-Probefahrt) stellt sich beim Vergleich mit dem Oldie "Ridge Racer" eine gewisse Ernüchterung ein. Natürlich braucht sich Sonys Baby nicht hinter Namcos Arcade-Raserei zu verstecken, nur darf man nicht vergessen, daß letztere eines der ersten Playstation-Spiele überhaupt war. Mit diesem Hintergedanken sieht die Porsche-Grafik schon deutlich unspektakulärer aus, und beim Sound hat RR noch immer die Nase vorn. Auch läßt sich Porsche Challenge nicht im Link-Modus spielen, das wird jedoch durch die exzellente Splitscreen-Option ausgeglichen. Und schließlich reagieren die neuen Boliden viel realistischer und nicht zuletzt gutmütiger auf Kollisionen. Letzten Endes ist Porsche Challenge also zwar nicht der erwartete Überhammer, doch immer noch ein sehr gutes Rennspiel. Mal sehen, ob Namco im Juni wieder die Spitze übernehmen kann, dann steht nämlich der Pal-Release von "Rage Racer" an! (Markus Ziegler)

WERTUNG



 
System Playstation
Grafik
8
Sound
7,5
Spielspaß
8,5
GESAMT
8 (von 10)