Resident Evil
Code: Veronica

Entwickler:  Capcom
Vertrieb:  Eidos
Genre:  Actionadventure
Spieler:  1
System:  Dreamcast

Story



Lange herbeigesehnt, endlich da: Das Spiel, das in den USA nicht unmaßgeblich am Erfolg der Dreamcast beteiligt war und sich auch in Deutschland schon nach wenigen Wochen an die Nummer 1 der Dreamcast-Charts gesetzt hat (was bedauerlicherweise nicht allzuviel heißen will). Um gleich der Standardfrage unwissender Playstation-Spieler vorzubeugen: Bei "Code Veronica" handelt es sich offiziell weder um den dritten noch um den vierten Teil der Resident-Evil-Serie.

Soweit ich es beurteilen kann, läuft die Handlung simultan zu RE3 ab (leider habe ich diesen Teil nie selbst gespielt): Claire Redfield, eine der Hauptfiguren in RE2, ist weiterhin auf der Suche nach ihrem vermißten Bruder Chris (einer der Original-RE-Helden). So verschlägt es sie nach Europa, wo sie die Zentrale des verbrecherischen Umbrella-Konzerns infiltriert. Leider wird sie im Verlauf des leicht übertriebenen, aber nett choreographierten Introvideos von den dortigen Wachen überwältigt, woraufhin sie auf einer abgelegenen Insel wieder zu sich kommt. Glücklicherweise kommt es dort zu Tumulten - um es einmal vorsichtig auszudrücken - weshalb ihr ein wohlmeinender Wächter die Freiheit wiedergibt.

Jeder Kenner der "Resident Evil"-Serie weiß, was Claire von da an erwartet: Fast die gesamte Einwohnerschaft der Insel wurde in Zombies verwandelt oder schmiedet anderweitig finstere Pläne. Die mutierten Wachhunde sind ebenso vertreten wie die gefürchteten Hunter und Riesenspinnen, dazu gibt es die (un-)üblichen Pflanzenmonster, Killermotten und Tyrant-Ableger. Nur gut, daß Claire nicht völlig alleine gegen diese Übermacht vorgehen muß; über weite Strecken hängt ihr das Leonardo-di-Caprio-Look-alike Steve Burnside am sprichwörtlichen Rockzipfel, außerdem eilt ihr auf der zweiten GD-ROM (etwa nach der halben Spielzeit) ihr beinharter Bruder zu Hilfe, welchen der Spieler ebenfalls steuern muß/darf. Mit dieser Truppe ist die Flucht von der Insel zwar nicht gerade ein Kinderspiel, für Veteranen jedoch selbst auf dem normalen Schwierigkeitsgrad durchaus zu bewerkstelligen, während Anfänger den leichteren Weg mit mehr Munition und schwächeren Gegnern wählen. Unterwegs lernt man endlich auch die Hintergründe der bisher immer nur schemenhaft in Erscheinung getretenen Umbrella Corporation kennen, was "Resident Evil - Code: Veronica" zu einem absoluten Muß für jeden RE-Fan macht.

Gameplay



Hier gibt es (leider? zum Glück?) nicht viel Neues zu vermelden, vielmehr präsentiert sich "Code Veronica" als eine Mischung der beiden ersten Abenteuer. Für alle, die die RE-Serie noch nicht kennen (gibt es solche Leute?), hier die Kurzfassung: Man steuert seine Hauptfigur aus vorgegebenen Perspektiven durch verwinkelte Szenarien und sammelt Waffen, Munition, Hinweise und spielrelevante Objekte wie z. B. Schlüssel auf, welche im noch immer viel zu kleinen Inventory zwischengelagert und untersucht werden. Noch immer gibt es an strategisch plazierten Stellen Schreibmaschinen, um eine begrenzte Anzahl an Spielständen anzulegen, sowie Kisten, in welchen sich gerade nicht gebrauchte Objekte ablegen und bei Bedarf wiederfinden lassen. Leider gibt es noch immer keine analoge Steuerung, was hauptsächlich an der verwendeten, "relativen" Steuermethode liegt: Ein Druck nach oben auf dem Steuerkreuz bzw. Analogstick bewegt den Helden nach vorne, egal in welche Richtung er gerade blickt. Soll er sich schnell aus der Gefahrenzone zurückziehen, genügt ein Druck auf die Rennen-Taste, was neuerdings auch eine schnelle 180-Grad-Wendung ermöglicht. Das erfordert von Anfängern etwas Eingewöhnung, bringt jedoch den Vorteil mit sich, daß trotz wechselnder Perspektiven die Waffen immer auf das gleiche Ziel gerichtet bleiben - und Ziele gibt es reichlich!

Nach einmaligem Durchspielen wird darüber hinaus der Battle Mode freigeschaltet, in welchem man mit verschiedenen Charakteren - je nachdem, welche Objekte man im Spiel aufgesammelt hat - seine Fähigkeiten zur Monstervernichtung unter Beweis stellen kann. Dieser Spielmodus bietet als Novum in der Serie (das mittelmäßige "Survivor" einmal außer acht gelassen) einen 1st-person-view, was vermutlich die "Quake"-Jünger freuen dürfte, welche bislang Schwierigkeiten mit der ungewohnten Perspektive hatten. Die Ego-Ansicht wird durch den Umstand möglich, daß "Code Veronica" die vorgerenderten Hintergründe der Playstation-Vorgänger (endgültig?) in Rente schickt und durch echte 3D-Backgrounds ersetzt, womit wir schon beim nächsten Punkt angelangt wären, nämlich bei der

Technik



Der kürzeste Weg, die exzellente und trotz 50Hz Bildwiederholrate bildschirmfüllende 3D-Optik zu beschreiben, ist ein Verweis auf die mit der Spielengine erstellten Zwischensequenzen. Diese sehen nämlich oftmals deutlich besser aus als die ebenfalls reichlich vorhandenen und traditionell guten Rendermovies (tja, 2 GD-ROMs müssen erst einmal gefüllt werden)! Zwar sind die Animationen der Pro- und Antagonisten hölzern wie eh und je, doch entschädigen feinste Lichteffekte, Kamerafahrten nach dem Vorbild von "Silent Hill" und "Dino Crisis" sowie viele winzige Details für diese kleine Schwäche: Fliegen umkreisen eine Laterne, Kakerlaken kriechen durch die Kanalisation, Wasser wirft beim Durchwaten in Echtzeit berechnete Wellen, und zahlreiche nicht benutzbare, aber vollständig in 3D modellierte Objekte stapeln sich in den (teils verschiebbaren) Regalen - das Ergebnis ist umwerfend.

Weniger Mühe gaben sich die Capcom-Designer ganz offensichtlich bei den recycelten Soundeffekten sowie den wieder einmal ganz fürchterlichen Synchronsprechern. Besonders Steve nervt mit einer weinerlichen Quäkstimme, die einem fast (aber nur fast:-) den Spaß an den Zwischensequenzen verderben kann. Auch die Organe der anderen englischsprachigen Darsteller sind kein Ruhmesblatt im erfolgsgezeichneten Capcom-Album, ebensowenig wie die prinzipiell ordentlichen, jedoch von einigen peinlichen Fehlern ("Claire" ohne "e"? Also bitte!) durchsetzten deutschen Untertitel. Wie üblich hält sich die Musikbegleitung aus wenigen klassisch-klagenden Streicherakkorden und deutlich hektischeren Kampfstücken ebenfalls dezent im Hintergrund, was angesichts ihrer gewohnt hohen Qualität recht schade ist.

Ergebnis



Langer Rede kurzer Sinn: Jeder Dreamcast-Besitzer und genaugenommen auch jeder "Resident Evil"-Fan sollte dieses Spiel in seiner Sammlung haben. Zwar wartet das Gameplay noch immer mit den gewohnt skurrilen Rätseln auf - beispielsweise öffnet sich das Gefängnistor durch das Einpassen einer Adlermedaille -, doch läßt die grafische Gestaltung die der Vorgänger kilometerweit hinter sich, und die enthüllten Zusammenhänge sowie zahlreiche Anspielungen dürften vor allem Veteranen brennend interessieren. Darüber hinaus soll nicht verschwiegen werden, daß Eidos seine löbliche Dreamcast-Strategie beibehält und auch "Resident Evil - Code: Veronica" komplett und unzensiert nach Deutschland bringt. Wie gesagt: Dieses Spiel ist ein Muß für jede Sammlung! (Markus Ziegler)

Wertung