Sega Rally 2

Entwickler:  Sega
Vertrieb:  Sega
Genre:  Rennspiel
Spieler:  1-2
System:  Dreamcast

Story



Es war einmal eine Sega-interne Entwicklergruppe namens AM#3, die war neidisch auf den Erfolg ihrer Kollegen von AM#2. Diese hatten nämlich mit "Daytona USA" einen unbeschreiblichen Spielhallenhit gelandet, der Millionen begeisterte. "Nun, das können wir auch", dachten sich die cleveren Japaner, und schickten ihrerseits ein Rennspiel hinterher, komplett mit dem besten Force Feedback, das zu diesem Zeitpunkt möglich war - "Sega Rally Championship" war geboren. Und siehe da: Die Leute liebten es und verlangten nach einer Fortsetzung. "Kein Problem", lautete die Antwort, "schließlich ist soeben die Model-3-Hardware erschienen. Und weil wir es eilig haben, verändern wir einfach nichts am Gameplay."

Gesagt, getan: Flugs kaufte man für teures Geld die Lizenzen, um diesmal acht originalgetreue Fahrzeuge bieten zu können. Ansonsten blieb alles beim alten - der Spieler startete als 16ter von 16 Teilnehmern und mußte sich im Laufe der vier jeweils einmal zu umrundenden Kurse nach vorne schieben. Und siehe da: Das Publikum liebte das Spiel abermals, obwohl die Qualität der Hires-Grafiken deutlich hinter der des hauseigenen Konkurrenten "Scud Race" (heißt hierzulande "Super GT", soweit ich weiß) zurückblieb. Dafür wurde das vom Lenker vermittelte Force Feedback nochmals verbessert, und es machte einfach Spaß, über die Schotter-, Eis- und Teerpisten zu brettern.

Gameplay



Genug der Märchen, zurück in die Gegenwart! Für die aktuelle Dreamcast-Umsetzung wurde "Sega Rally 2" gehörig aufgebohrt: Neben den bereits aus dem Saturn-Vorgänger Splitscreen- und Time-Attack-Modi ist auch eine Zehnjahresmeisterschaft mit von der Partie. Diese kann man sich am einfachsten als zehn Arcade-Modi auf verschiedenen Strecken und mit erweitertem Fahrzeug-Setup vorstellen. Insgesamt werden auf diese Weise 16 Strecken unter die Räder genommen, wer es in allen zehn Jahren ganz nach oben aufs Siegertreppchen schafft, erhält noch eine weitere Bonus-Piste. Schade nur, daß die (sogar in der Dreamarena veröffentlichten) Cheats für alle Autos und Kurse nicht in der deutschen Version funktionieren, denn trotz beliebig vieler Neustarts ist es keineswegs einfach, diese Rennen zu gewinnen.

Das liegt zum einen natürlich am nervösen Handling der sehr unterschiedlich zu steuernden Boliden, zum anderen jedoch auch am recht seltsamen Schwierigkeitsgrad: Die drei Stufen verändern nämlich keineswegs das Fahrverhalten der völlig unintelligenten (sie halten sich nur an ihre vorprogrammierte Ideallinie) Computerpiloten, sondern lediglich das Zeitlimit! Theoretisch ist es somit möglich, selbst als erster noch auszuscheiden - na toll...

Darüber hinaus zeigt sich schon nach kurzer Zeit, daß das Dreamcast-Pad den hohen Anforderungen nicht wirklich gewachsen ist: Die Hebelwege des analogen Mini-Sticks sind schlichtweg zu kurz, um die erforderliche Milimeterarbeit zu leisten. Wer zudem kein Freund der analogen L- und R-Buttons ist, wird leichte Probleme mit dem Gasgeben und Bremsen haben und die meiste Zeit über mit Vollgas in die Leitplanke rasen. Eine Tasten-Umbelegung ist zwar möglich (drei vorgegebene plus eine freie Konfiguration), jedoch nicht gerade sinnvoll - reines Vollgas ist hier wie gesagt nicht der Weisheit letzter Schluß!

Wo ich gerade schon beim Meckern bin: Warum um alles in der Welt verliert ein Rallye-Wagen mehr Geschwindigkeit, wenn er mit dem Heck die Außenbande touchiert, als wenn er frontal in die Innenkurve hineinkracht? Das ist zwar kein neues Problem (schon der erste Spielhallenteil wies diese seltsame Fahrphysik auf), sollte aber doch an dieser Stelle erwähnt werden.

Daß die Jagd nach neuen Highscores und Fahrzeugen (anfangs 8, insgesamt 19) dennoch Spaß macht, liegt vornehmlich an den geschickt designten Strecken. Immer ist es möglich, doch noch irgendwo eine halbe Sekunde abzuschleifen, und die Befriedigung, den eigenen Ghost im Time Attack Mode hinter sich zu lassen, kennt nach wie vor keine Grenzen. Schade nur, daß in Splitscreen-Duellen noch immer keine Computergegner zu sehen sind...

Technik



Ein weiteres zwiespältiges Thema: Einerseits läßt die Spielgrafik trotz der gerade mal zwei Perspektiven sämtliche bisher erschienenen Konsolen-Rennspiele hinter sich, andererseits schleicht sich oft und gerne ein leichtes Ruckeln ein. Bei einem derartigen Prestigetitel darf so etwas einfach nicht passieren! Zwar existieren Cheats, um die Framerate zu steigern, doch geht dies auf Kosten fast sämtlicher Details: Die Zuschauer am Streckenrand fehlen, die (ohnehin recht häßlichen) Matsch- und Wasserfontänen ebenfalls. Da verwundert es kaum mehr, daß gegenüber der kürzlich in Amerika erschienenen PC-Version ebenfalls Abstriche gemacht wurden. Während dort noch zwischen verschiedenen Witterungsbedingungen im Zeitfahrmodus gewählt werden konnte, ist es mit diesen Optionen hier Essig. Schade eigentlich, denn speziell die Sonnenuntergangsbeleuchtung auf den Wüstenkursen war immer wieder ein Genuß...

Vom Sound gibt es nichts Nennenswertes zu berichten, außer daß neben dem bereits klassischen männlichen Copiloten nun auch ein weibliches Gegenstück existiert, um (natürlich auf englisch) vor Kurven und Straßenunebenheiten zu warnen. Leider versteht man sie um einiges schlechter, weshalb man gern auf den bewährten Kollegen zurückgreift. Die Begleitmusiken sind wie so oft auch diesmal Geschmackssache, mir zumindest gefällt der Mix aus rockigen und Trance-Stücken diesmal jedoch recht gut.

Ergebnis



Um es auf den Punkt zu bringen: "Sega Rally 2" ist ein gutes Rennspiel, doch nicht der erwartete Überhammer. Das liegt zum einen an der schicken, doch nicht überragenden Grafik, zum anderen aber auch an den weiter oben erwähnten Mängeln im Gamedesign. Trotzdem darf man Sega bescheinigen, aus vergangenen Fehlern gelernt zu haben. Die 10 Year Championship ist eine schöne (und für eine Heimversion dringend notwendige) Erweiterung, außerdem ist es eben immer unterhaltsamer, mit Original-Fahrzeugen seine Runden zu ziehen. Umso bedauernswerter ist es, daß den deutschen Hobbypiloten vorerst die Möglichkeit verwehrt bleibt, sich über das Internet zu duellieren, wie es beispielsweise in Japan der Fall ist. Nun, wollen wir hoffen, daß die Server-Probleme tatsächlich bis Weihnachten behoben werden können. Bis dahin bleibt wenigstens genug Zeit zum Üben... (Markus Ziegler)

Wertung