Shadow Madness

Entwickler:  Craveyard/Crave
Vertrieb:  Sony
Genre:  Rollenspiel
Spieler:  1
System:  Playstation

Story



Tja, geschickterweise verliert die Anleitung kein Sterbenswörtchen über die Vorgeschichte, weshalb der Spieler zumindest die ersten fünf Stunden über völlig planlos durch die Weltgeschichte torkelt. Fest steht jedoch folgendes: Eine unbekannte Macht sucht das Fantasyreich Arkose heim und zerstört auf einen Schlag ganze Städte. In einer solchen lebte der jugendliche Schwertkämpfer Stinger (alle Heldennamen lassen sich beliebig abändern). Mit seinen bald gefundenen Leidensgefährten, der Magierin Windblatt und dem intelligenten Ernteroboter Harv-5, macht er sich auf die Suche nach den Ursachen der überall auftretenden Monsterhorden.

Viel Unterstützung durch die Landbevölkerung ist dabei nicht zu erwarten, da die wenigen Überlebenden zumeist an einer mysteriösen Krankheit leiden, welche sie zunehmend in sabbernde Zombies verwandelt. Erst viel später, nach etlichen eher widerwillig unternommenen Botengängen, stellt sich heraus, daß der gefallene Magier Damon Hokum hinter den Attacken steckt. Um ihn aufzuhalten, müssen die Helden (zwischenzeitlich schließen sich ihnen weitere Freiheitskämpfer an) mit Hilfe der Magiergilde sowie der geheimnisumwitterten "Werkler" gefährliche Reisen in andere Dimensionen bzw. zum Mittelpunkt der Welt unternehmen.

Gameplay



"Shadow Madness" ist ganz offensichtlich der Versuch, an den Erfolg von Squares "Final Fantasy VII" anzuknüpfen. So bewegen sich die Polygoncharaktere durch vorgerenderte Hintergründe, markante Szenen werden durch Rendermovies visualisiert, und selbst Actioneinlagen wie eine U-Bootfahrt, ein 3D-Shooter oder die Bedienung eines Belagerungskatapultes fehlen nicht. Leider endet die Action nicht hier, womit wir auch schon beim größten Kritikpunkt wären - dem Kampfsystem.

Prinzipiell orientiert sich der Crave-Titel auch hierbei am Square-Vorbild, das heißt, in den 3D-Arenen wartet jeder Charakter darauf, daß sich sein (unsichtbarer) Aktionsbalken füllt, bevor er an der Reihe ist. Dummerweise unterliefen den Entwicklern beim Handling jedoch gleich mehrere gravierende Fehler: Da eine entsprechende Option fehlt, läuft die Zeit selbst dann weiter, wenn die Helden aus einem riesigen Menü den passenden Zauberspruch auswählen müssen. Während die eigenen drei Krieger also bewegungslos dastehen, prügeln die Gegner schon munter drauflos. Zudem ist die Menüführung mittels aller vier L- und R-Tasten das mit Abstand Komplizierteste, was mir jemals untergekommen ist. Weiters ist es praktisch unmöglich, gezielt gegen mehrere Monster zu kämpfen, da diese (wie auch die eigenen Recken) ständig ihre Position im Ring verändern.

So kristallisieren sich schon nach kurzer Zeit nur zwei praktikable Kampftaktiken heraus: Entweder man gibt allen den Befehl zum direkten Angriff und hofft darauf, daß man im Notfall schnell genug das Zaubermenü mit den Heilsprüchen aufrufen kann; oder man läßt alle Kämpfer ständig ausweichen und spricht mit dem Zauberer im Team mächtige Kampfspells, welche alle Feinde gleichermaßen betreffen. Nicht sehr abwechslungsreich, wenn man bedenkt, daß beispielsweise Windblatt bei jedem Levelanstieg drei neue Spells erlernt. Klar, einmal schaut man sich jeden einzelnen davon an, um die (leider recht unspektakulären) Grafikeffekte zu bewundern, aber danach benutzt man nur noch Windblatts "Falke" bzw. ähnliche Sprüche. Diese mit FF7s "Summon"-Befehlen vergleichbaren Attacken haben zudem den Vorteil, daß sie recht ansehnliche und vor allem abbrechbare Filmsequenzen auf den Plan rufen und den Gefechten somit zumindest ein wenig Glanz verleihen. Dennoch ist klipp und klar festzustellen, daß das Kampfsystem wirr sowie übermäßig hektisch ist und einen schwerwiegenden Schwachpunkt in "Shadow Madness" bildet.

Das ist äußerst schade, da zumindest die Skriptschreiber ihre Hausaufgaben recht gut gemacht haben. Sind die ersten Stunden der Ungewißheit überstanden, lenkt man die Party in unterschiedlichen Konstellationen (gelegentlich auch aufgesplittet) durch interessante Gegenden und trifft auf noch interessantere Individuen. Vor allem die eigentlichen Partymitglieder führen ein reges Eigenleben, was dank der hervorragenden deutschen Übersetzung (nur gelegentlich schleichen sich einige typische Anglizismen ein) sehr schön zum Ausdruck kommt. Wenn sich der aufbrausende Stinger mit dem rationalen, im Laufe der Zeit aber zunehmend sarkastischen Harv-5 anlegt und Windblatt zu schlichten versucht, bleibt kein Auge trocken. Das gleiche gilt für nette Details am Rande (empfohlen sei das Buch "Kriegsstrategie für Blöde") sowie Kommentare der NSCs ("Warum sollte ich mich auf ein geistiges Duell mit einem unbewaffneten Gegner einlassen?").

Nein, die Schwächen von "Shadow Madness" liegen vielmehr in kleinen, ärgerlichen und eigentlich leicht vermeidbaren Fehlern im Detail. Warum ist das Inventar auf 30 Plätze begrenzt, wenn man jeden Schrott (Nägel, einen Korb, Krüge, Maisbrot etc.) mitnehmen kann? Wieso darf man sich nicht die Ausgänge aus einem Raum anzeigen lassen und muß stattdessen wie ein Idiot gegen unsichtbare Wände rennen, bis man ihn gefunden hat? Wieso läßt sich eine analoge Steuerung einschalten, wenn dann doch wieder nur acht Richtungen unterstützt werden? Warum kann man in Läden nicht gleich überprüfen, ob die angezeigte Rüstung besser ist als die momentan getragene?

Schlimmer als all diese Mängel zusammen ist jedoch die ständige Ungewißheit darüber, ob man die nächste Schlacht überlebt: Da nur in Gasthöfen und auf der (unübersichtlichen) Weltkarte gespeichert werden kann, trifft man nur zu oft urplötzlich auf Endgegner, und aufgrund der oben genannten Schwächen ist selbst der Ausgang normaler Kämpfe ungewiß. So versucht man krampfhaft, jeder Auseinandersetzung auszuweichen, indem man beim ersten Monstergebrüll die L2- und R2-Tasten umklammert (klappt etwa zwei von drei Mal). Das mag eine traurige Vorstellung sein, doch läßt sich nur so das Überleben der Party gewährleisten.

Technik



Wer "Final Fantasy VII" kennt, weiß, wie er sich "Shadow Madness" vorzustellen hat - nur etwas häßlicher. Den Hintergründen mangelt es an handgezeichneten Details, wodurch sie etwas steril wirken. Gleiches gilt für die computerberechneten Zwischensequenzen, und die Polygonmodelle der Helden fallen ordentlich, wenn auch nicht sehr detailliert aus.

Lobenswert ist dagegen der Begleitsound, wenn auch wie üblich keinerlei Sprachausgabe und nur sehr magere Geräusche geboten werden. Dafür überzeugt die Musik durch den - wiederum aus FF bekannten und bewährten - Mix aus ruhigen und orchestralen Instrumentalstücken.

Ergebnis



Nachdem ich auf der mittleren der drei Schwierigkeitsstufen mehrmals (!) vor Erreichen des ersten Speicherpunktes gestorben bin, war ich nah dran aufzugeben oder zumindest eine niedrigere Schwierigkeitsstufe zu wählen. Aber da selbst ich noch meinen Stolz habe, biß ich die Zähne zusammen, und siehe da: So übel war das Japanorolli aus westlichen Landen gar nicht. Zwar fehlt "Shadow Madness" der grafische Kick, welcher die beiden letzten "Final Fantasy"-Teile auch für Einsteiger interessant macht, doch finden Veteranen hier (fast) alles, was das Herz begehrt. Gäbe es da nicht die obigen Kritikpunkte an Kampf-, Menü- und Inventorysystem, wäre dieser Titel für alle Genreliebhaber empfehlenswert. So allerdings muß jeder für sich selbst entscheiden, ob er für witzige Dialoge und originelle Charaktere bereit ist, derartige Ärgernisse in Kauf zu nehmen... (Markus Ziegler)

Wertung