Shadow Man

Entwickler:  Acclaim
Vertrieb:  Acclaim
Genre:  Actionadventure
Spieler:  1
System:  Dreamcast

Story



Das Leben meint es nicht gut mit Micheal LeRoi, und der Tod ist nicht viel besser: Nachdem der gescheiterte Literaturstudent bei seinem Aushilfsjob als Taxifahrer durch einen unglücklichen Zufall auf die Abschußliste der Banden von New Orleans geraten ist, sucht er bei einem Hexenmeister Schutz. Aus einem bald darauf erfolgenden Anschlag geht er denn auch auf wundersame Weise lebendig hervor, allerdings wird seine komplette Familie ausgelöscht. Fortan arbeitet er als Berufskiller ohne Erinnerung, bis ihn die Voodoo-Priesterin Agnetta (genannt Nettie) zu ihrem Verbündeten (und Diener) macht. Durch die in seine Brust implantierte Schattenmaske wird er zum Shadow Man, der nach Belieben von unserer Welt (Liveside) ins Reich der Toten (Deadside) hinüberwechseln kann, um das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten.

Eigentlich ein leichter Job, denn der Shadow Man ist unsterblich, und ein Tod in der realen Welt transferiert Mike nach Deadside, wo er automatisch wieder zum Shadow Man wird, der jederzeit ins Leben zurückkehren kann. Nun jedoch bahnt sich Unheil an: Das Böse höchstpersönlich sammelt in Gestalt der multiplen Persona Legion die schwarzen Seelen von Massenmördern, um durch sie Portale in die Welt der Lebenden zu erschaffen. Mike wird also von Agnetta notdürftig instruiert, mit seiner verläßlichen Shadowgun sowie dem Teddybären seines Bruders ausgestattet und losgeschickt, das drohende Armageddon aufzuhalten.

"Shadow Man" ist bereits für PC, N64 und Playstation erhältlich, wobei die Qualität der Umsetzungen in eben dieser Reihenfolge merklich abnimmt. Die Dreamcast-Konvertierung ist identisch zur PC-Version und somit eindeutig die beste Konsolenvariante. Beim Gamedesign ließen sich die Macher stark vom N64-Superhit "The Legend of Zelda - Ocarina of Time" inspirieren, wie aufmerksame Leser dieses Tests feststellen können.

Gameplay



"Shadow Man" ist ein nicht-lineares Abenteuer: Mike bzw. Shadow Man kann mit Hilfe des Teddybärs jederzeit in alle bereits besuchten Spielabschnitte zurückkehren, startet dann allerdings stets an einer bestimmten Stelle. Gleiches gilt für das Speichern - der Spielstand darf überall gesichert werden, das geladene Abenteuer beginnt jedoch immer am Startpunkt des zuletzt besuchten Levels, welcher bei jedem Abstecher erneut mit Gegnern gefüllt wird. Um auch Anfängern eine faire Chance einzuräumen, wird der Shadow Man nach seinem "Ableben" unbegrenzt oft wiedergeboren, wobei bereits "gesäuberte" Gebiete bis zum Verlassen des Spielabschnitts gegnerfrei bleiben. Da die verläßliche Shadowgun zudem sowohl in Live- als auch in Deadside unbegrenzt Munition faßt, stehen die Chancen des Spielers zunächst einmal nicht schlecht.

Dafür sorgt auch die gut durchdachte Steuerung. Zwar darf diese wieder einmal nicht frei belegt werden, doch unterscheiden sich die vier gebotenen Konfigurationen sehr deutlich voneinander und bieten jedem Spielertyp das Passende. Mein persönlicher Favorit ist Methode 3, da hier der Ausweich-Befehl sehr handlich auf dem rechten hinteren Feuerknopf liegt. Die "Strafe"-Option ist nicht nur äußerst nützlich, um feindlichen Geschossen zu entgehen, nein, wie in Zelda dient sie auch zum permanenten Anvisieren eines Gegners, welcher sich anschließend hervorragend umkreisen und ohne größere Mühe ausschalten läßt.

Des weiteren soll nicht verschwiegen werden, daß Mike mit beiden Händen agieren und Waffen tragen kann. Mit Hilfe des Strafe-Buttons ist es sogar möglich, zwei Ziele gleichzeitig anzuvisieren, was in manchen Situationen lebensrettend sein kann! Verständlicherweise müssen sämtliche Werkzeuge und Ballermänner aus der Hand gelegt werden, wenn es ums Klettern oder Hangeln an den überall zu findenden Seilen geht. Zwar kann sich der Held auch mit einer Hand an einer Felskante festhalten und hochziehen, will er sich jedoch seitlich entlangbewegen, kann er auf Tastendruck alle gerade gezückten Gerätschaften im Inventory verstauen.

Hier sammeln sich im Laufe des Abenteuers neben klassischen Bleispritzen wie Schrotflinte und Uzi auch Voodoo-Instrumente an, welche dem Shadow Man als Waffe in Deadside dienen. Mit klangvollen Namen wie "Asson", "Flambeau" oder "Marteau" bieten diese meist gleich mehrere Vorteile und können beispielsweise als Schlüssel zu versteckten Bonusgegenden eingesetzt werden. Um diese Mordwerkzeuge allerdings benutzen zu können, benötigt der Shadow Man einen Vorrat an magischer Energie, welche ebenso wie körperliche Gesundheit in den überall verstreuten Gefäßen oder nach dem Ableben von Feinden zu finden ist.

Das bedeutet jedoch nicht, daß in Deadside ausschließlich gekämpft wird - deutlich schwieriger als das Erledigen der zahlreichen Widersacher ist das Auffinden des richtigen Weges bzw. das Lösen der hierfür erforderlichen Puzzles. Oftmals verstecken sich die gesuchten Schalter hinter verwinkelten Tauch- und verzwickten Kletterpassagen, allerdings ist der Shadow Man auch hierfür bestens gerüstet: Im Gegensatz zu seinem sterblichen Alter Ego überlebt er Stürze aus jeder Höhe unbeschadet und kommt unter Wasser gänzlich ohne Atemluft aus. Ja, nach dem Auffinden der passenden Tätowierungen ist er sogar in der Lage, unbeschadet Feuer zu berühren, über glühende Kohlen zu spazieren (Zelda anyone?) oder gar in flüssiger Lava zu schwimmen! Auch springt er etwas höher und weiter als der gute alte Mike, weshalb manchmal selbst unmöglich erscheinende Hüpfer machbar sind.

Solchermaßen schießt und schwingt man sich also durch die in Live- und Deadside gleichermaßen weitläufigen Levels, konferiert gelegentlich mit Nettie und ihrem Gehilfen Jaunty und befriedet die Bösewichter. Daß die ganze Geschichte nicht so schnell langweilig wird, liegt zum einen an der durchweg bedrückenden Atmosphäre, zum anderem jedoch am sehr abwechslungsreichen Aufbau der düsteren Örtlichkeiten. Hat der Spieler die anfängliche Durststrecke erst einmal überwunden (und sich dort mit der Steuerung) vertraut gemacht, konfrontieren die Entwickler ihn mit immer neuen Aufgaben und Herausforderungen. Mal gilt es, verzwickte Schaltersysteme zu enträtseln, ein anderes Mal stehen Geschicklichkeitseinlagen auf dem Programm, dann wieder muß ein völlig scharzer Gangabschnitt nach einer Taschenlampe bzw. dem Hauptgenerator für das Licht durchforstet werden. Bis es zum finalen Showdown gegen den letzten der durchgeknallten Bosse kommt, gehen so etliche nervenaufreibende Stunden ins Land.

Technik



Wie schon gesagt, ist "Shadow Man" auf Dreamcast nahezu identisch zur PC-Version. Gelegentlich gerät die mit hübschen Licht- bzw. Schatteneffekten aufwartende Polygongrafik zwar kaum merklich ins Ruckeln (weit von einem echten "Rucken" entfernt), doch stört das weder den Spielablauf noch den optischen Gesamteindruck. Dieser wird eher durch die recht hölzernen Animationen von Freund und Feind beeinträchtigt, wobei Mike sich noch etwas graziler bewegt als sein schattiges Ebenbild. Beeindruckend sind dafür die gewaltigen Levelaufbauten, welche ohne Nebel mit unbegrenzten Sichtweiten zu gefallen wissen. Dank der in 18 Stufen einstellbaren Kamera (6 Perspektiven à 3 Zoomstufen) sind auch punktgenaue Sprünge kein Problem, auf Wunsch kann (wie in Zelda:-) auch eine Ego-Ansicht aktiviert werden, welche keine Bewegungen, wohl aber Schüsse zuläßt.

Soundtechnisch wird allerhand geboten: Von der Mondscheinsonate im (in Spielgrafik gehaltenen) Intro bis zum Heulen der Verdammten sorgt die Musikuntermalung stets für einen wohligen Schauer. Schade nur, daß einige Übergänge (jede Region hat ihre eigenen Begleitstücke) doch recht hart ablaufen und mit (kurzen) Ladezeiten verbunden sind. Dafür gibt es an den Soundeffekten sowie der hervorragenden Synchronisation nichts auszusetzen - manche verdammte Seele jammert so herzzerreißend, daß einem sogar die Selbstverteidigung schwerfällt!

Ergebnis



Um es auf den Punkt zu bringen: "Shadow Man" ist kein Splatterfest à la "Resident Evil", erzeugt jedoch eine ebenso gruselige Atmosphäre. Gameplaytechnisch steht hartgesottenen Abenteurern eine Mischung aus "Zelda 64" und "Castlevania 64" bevor, bei der die Gegner jedoch nicht ständig nachwachsen (einer der Hauptkritikpunkte bei "Castlevania"), sondern erst nach Verlassen eines Spielabschnittes respawnt werden. Die angenehm logischen Schalterpuzzles und sonstigen Abenteuerelemente trösten über die durchaus vorhandenen Längen (etwa, wenn man einen bestimmten Levelpunkt aufsuchen will, dazu aber erneut die halbe Stage durchqueren muß) hinweg. Der eigenwillige Grafikstil sowie die bemerkenswerte Musikbegleitung tragen ihren Teil dazu bei und machen "Shadow Man" zu einem Geheimtip, den sich abenteuerlustige Dreamcast-Besitzer nicht entgehen lassen sollten. (Markus Ziegler)

Wertung