Shining The Holy Ark

DIE STORY 

Wieder einmal geht es um Macht. Genaugenommen sogar um sehr viel Macht, denn einmal in tausend Jahren gelingt es normalen Menschen, mit seltsamen Schutzgeistern zu verschmelzen und deren Kraft freizusetzen. Doch wir eilen voraus...

Zu Beginn scheint alles ganz harmlos: In einer stillgelegten Mine hat sich der abtrünnige Ninja Rodi verschanzt, und vom Hof ergeht der Befehl, den Schurken (?) da herauszuholen. Ein leichter Auftrag für das Dreigespann Melody (Heilmagierin), Forte (Kampfmagier) und ihren Neuzugang, Schwertkämpfer Arthur (der Name läßt sich nach Gutdünken ändern), die Identifikationsfigur des Spielers. Doch nachdem der Scherge in die Knie gezwungen ist, stürzt plötzlich die Höhle ein, und die Anwesenden werden schwer verletzt. Wie durch einen Schleier erkennt Arthur, wie Forte von einem finsteren Dämon besessen wird und in der Finsternis verschwindet, bevor ein hilfsbereites Lichtwesen auftaucht und zusammen mit zwei weiteren Geistern die komatösen restlichen Personen wiederbelebt. Fortan ziehen Melody, Rodi und Arthur gemeinsam durch die Weltgeschichte, um den mysteriösen Geschehnissen am Königshof auf den Grund zu gehen, die ihnen verliehenen Kräfte freizusetzen und mit ihrer Hilfe die legendären Vandalen (drei Überwesen, welche den Weltuntergang heraufbeschwören wollen) zu besiegen.

DAS GAMEPLAY 


Diese spannend und teilweise sehr überraschend konstruierte Rahmenhandlung wird unterteilt in äußerst abwechslungsreiche Episoden, welche über den ganzen (kleinen) Kontinent verteilt sind. Auf einer hübschen Übersichtskarte zieht man von einer Location zur anderen und begibt sich auf Knopfdruck in den angewählten Dungeon bzw. die jeweilige Stadt. Dort wechselt die Perspektive auf die Sicht der Helden, und die Aktionsmenüs (Zauber, Gegenstände benutzen, Statistiken und Kampfaufstellung) lassen sich wieder anwählen. Kommt es zum Kampf, kann man vor jeder Runde entweder flüchten, sich in den Kampf stürzen oder die verfügbaren Kämpfer neu ordnen. Insgesamt können vier Charaktere gleichzeitig mitmischen, der Rest (bis zu vier) wartet sozusagen auf der Ersatzbank. Das ist vor allem im Kampf mit Endgegnern von großer Wichtigkeit, da auf diese Weise geschwächte Helden aus der Gefahrenzone entfernt werden können, bis sich der/die Heiler um sie kümmern kann/können. Ähnlich der Wizardry-Serie lassen sich übrigens Angriffe zwar auf verschiedene Feindgruppen richten, nicht jedoch auf einzelne Monster, die stets der Reihe nach angegriffen werden. Das ist gelegentlich etwas lästig, wenn man beispielsweise den ersten Gegner einer Zweiergruppe mit einem Zauber eingeschläfert hat und sich gerne dem zweiten widmen würde. A propos Zauber: Neue Zaubersprüche bzw. Spruchsteigerungen (maximal Level 4) werden bei den automatischen Levelaufstiegen verteilt, und ab Stufe 20 können die Charaktere einmalig in eine neue Klasse hochgestuft werden.

Eine Erwähnung verdienen auch die sogenannten Pixies, kleine Kobolde und Feen, die in jedem Dungeon zu finden sind. Sie können beim Auftauchen von Feinden auf ebendiese losgeschickt werden, um einen Erstschlag auszuführen. Dabei ist entscheidend, aus welcher Richtung die Widerlinge erscheinen: Ob von oben, unten, vorne, links oder rechts - für alles gibt es die entsprechenden Pixies. Mit etwas Übung können sich diese Reaktionstests als sehr nützlich erweisen, denn die Gegner werden nicht nur schon vorab geschwächt, nein, die Pixies erbeuten bei einem Sieg auch zusätzliche Goldmünzen und Erfahrungspunkte. Überhaupt sprüht Shining The Holy Ark nur so von netten Einfällen und Details. So sehen Gebäude in einem Ninja-Dorf natürlich anders aus als in der Hauptstadt, jedes Szenario kann mit ganz eigenen Rätseln und Problemstellungen aufwarten, und die in Echtzeit berechnete, aber nur in 90-Grad-Schritten begehbare Vektorgrafik mit Rendergegnern und -personen hinterläßt einen sehr guten Eindruck (obwohl manche der Figuren eine frappierende Ähnlichkeit mit Playmobil-Männchen aufweisen).

Auch die Handhabung ist über alle Zweifel erhaben. So sind benutzbare Gegenstände stets hervorgehoben, beim Kauf einer neuen Waffe fragt der Händler automatisch nach, ob die alte noch gebraucht wird, und man erfährt schon, bevor man Geld ausgibt, welcher Charakter das gewünschte Objekt überhaupt tragen kann und welche Auswirkungen es auf Angriff, Abwehr, Beweglichkeit, die Wahrscheinlichkeit kritischer Treffer etc. hätte. Kritische Treffer? Ganz recht, mit zunehmender Erfahrung erlernen die Figuren immer neue Power-Attacken, die nicht nur optisch einiges hermachen, sondern auch höchst angenehme Nebeneffekte, wie doppelten Schaden, Lähmen der Gegner und dergleichen aufweisen. Dazu kommt, daß die Rätsel in ihrem Schwierigkeitsgrad schön langsam ansteigen und stets logisch in die Hintergrundstory eingepaßt sind.

Kurz und sehr gut: Mit Spieltiefe und Benutzerfreundlichkeit steht alles zum besten, lediglich das ständige Absuchen des Geländes nach Pixies und versteckten Items geht auf Dauer etwas an die Nerven.

DIE TECHNIK 


Wie schon gesagt, besteht die Welt von Shining aus sauber gezeichneter und flüssig animierter Vektorgrafik, die nur bei den Häuserfassaden der Hauptstadt leicht ausgebremst wird. Sämtliche Gegner und sonstige Figuren wurden gerendert (die eigene Truppe sieht man, wenn sie im Kampf oder bei Gesprächen nach vorn tritt), allerdings muß man sich erst einmal an den angesprochenen Playmobil-Charme gewöhnen. Dann jedoch möchte man die knuddeligen Leutchen kaum mehr missen. Gleiches gilt für die höchst unterhaltsamen Power-Angriffe, tatsächlich gibt es kaum etwas Befriedigenderes, als zuzusehen, wie Rodi mit einem ganzen Baumkrieger in die Luft springt, ihn auf den Boden donnert, und der Widerling danach vor Schreck ohnmächtig wird. Auch die stimmungsvollen Musikstücke und die (nicht allzu vielen) Soundeffekte gehen gut ins Ohr, lediglich die fehlende Sprachausgabe fällt etwas störend auf - schließlich befinden wir uns im CD-Zeitalter! Stattdessen gibt es das gleiche "Gepiepe" wie bei Lufia und anderen SNES-Rollenspielen.

DAS ERGEBNIS 



Shining The Holy Ark stellt eine fast perfekte Mischung aus Japano- und westlichem Rollenspiel dar. Dabei wird nicht mit originellen Ideen gegeizt, z. B. lassen sich einige Labyrinthe mit Hilfe von Spiralfeldern auch an der Decke begehen. Etwas störend wirkt nur die Tatsache, daß bestimmte Monstergruppen an bestimmte Örtlichkeiten gebunden sind und man somit gezielt Erfahrungspunkte und Gold scheffeln kann. Das fällt jedoch erst im allerletzten Tempel-Schrein auf und selbst da nicht sehr schwer ins Gewicht. Zusammen mit der packenden Story, der hervorragenden Handhabung und der alles in allem sehr netten Präsentation (Endgegner werden in kurzen Renderfilmchen vorgestellt) ergibt das mindestens fünf durchspielte Nächte (und Tage, versteht sich), bis der letzte Gegner im Staub liegt. Und wer einmal angefangen hat, wird nicht vorher damit aufhören wollen... (Markus Ziegler)

WERTUNG



 
System Saturn
Grafik
7,5
Sound
8
Spielspaß
8,5
Dauermotivation
9,5
GESAMT
9 (von 10)