Sonic Adventure

Entwickler:  Sega
Vertrieb:  Sega
Genre:  Jump'n'Runnn
Spieler:  1 (2)
System:  Dreamcast

Story



Schnell, schneller, Sonic: Was der lustige Italo-Klempner für Nintendo, ist der blaue Turbo-Igel für Sega! Kein Wunder, daß das Team Sonic auch für die neue Konsole ein Abenteuer mit dem stacheligen Zeitgenossen erstellt hat - und was für eines! Eine ganze Riege aus bekannten und weniger bekannten Charakteren tritt an, um Robotnik (oder "Eggman", wie er hier meist genannt wird) davon abzuhalten alle sieben Chaos-Smaragde zu finden. Ganz recht, die Hintergrundgeschichte ist identisch mit fast allen bisherigen "Sonic"-Spielen. Das hat zumindest den Vorteil, daß auch Neulinge sich sofort zurechtfinden: Alle Freunde und Feinde werden kurz vorgestellt, Sinn und Zweck der Chaos-Smaragde werden erklärt. Kein Problem also, wenn jemand die Master-System-, Mega-Drive- und Saturn-Vorgänger nicht kennen sollte...

Gameplay



Mit einem von sechs spielbaren Charakteren (Sonic, Tails, Knuckles, Amy, der Roboter E-102 sowie die Kugelkatze Big) begibt sich der Spieler in die völlig dreidimensionale Welt rund um Sonics Heimatstadt Station Square. Anfangs ist das Sega-Maskottchen auch die einzig anwählbare Spielfigur, doch gesellen sich schon bald Tails und die anderen Knuddelhelden zum Team. Nun teilt sich das Spiel: In den sogenannten Adventure Fields erforscht man die Umgebung, findet neue (permanente) Boni wie Turbostiefel und Grabehandschuhe und kümmert sich um die Chao-Aufzucht. Chaos sind kleine Wesen, den legendären Tamagotchi nicht unähnlich, welche aus überall zu findenden Eiern schlüpfen. Wie ihre Handheld-Vorbilder muß man sie füttern, streicheln oder sogar auf die Visual-Memory-Karte herunterlagen und Gassi führen, um sich ihre Zuneigung und Gesundheit zu erhalten. Im Gegenzug erlauben sie die Teilnahme an kleinen Bonusspielchen, sowohl auf dem Fernsehschirm als auch am VM-Display. Hobby-Züchter seien allerdings gewarnt: Bereits einer der hungrigen Kleinen verschlingt mehr als eine halbe Speicherkarte, was das Sichern weiterer Spielstände fast unmöglich macht!

Hat man sich im Adventure Field ausgetobt und seine Aufgabe (Personen finden, kleine Puzzles lösen) erfüllt, steht der Weg in den nächsten Action-Level offen. Hier schlägt wieder das gute alte "Sonic"-Gameplay durch: Zwar hat jeder Charakter unterschiedliche Ziele, doch geht es letztlich stets darum, in möglichst kurzer Zeit das Levelende zu erreichen, unterwegs möglichst viele Ringe (schützen gegen Feindberührungen) einzusammeln und Roboter zurückzuverwandeln - letztere lassen sich dann als Spielgefährten für die geschlüpften Chaos verwenden. Je nach Resultat wird der Level mit ein bis drei Sonic-Emblemen bewertet. Insgesamt gibt es 120 davon zu ergattern, einige finden sich auch in den abwechslungsreichen Bonusspielchen. Ob nun Mini-3D-Shoot'em-Up (Sky Chase), Freestyle-Surfen (Sand Hill), Hover-Rennen (Twinkle Circuit) oder Puppenschlagen (Whack-A-Sonic), man merkt den Programmierern den Spaß an der Arbeit an! Absolvierte Mini-Games können übrigens wie alle bewältigten Levels im Trial-Modus geübt werden, Highscores sind selbstverständlich speicherbar. Als Gag am Rande darf in den Stages, in welchen Tails hinter Sonic herläuft, ein zweiter Spieler den kleinen Fuchs steuern. Alle Ringe, die er einsammelt, werden dabei Sonic gutgeschrieben. Dies nur als Erklärung für alle, die sich über das (2) bei der Spieleranzahl in der Eingangsbox gewundert haben...

Jetzt aber zur Mutter aller Fragen: Wie spielt sich das neue Sonic-Abenteuer? Antwort: Erstaunlich gut! Nach dem eher mäßigen 3D-Debüt des Igels im Saturn-Rennspiel "Sonic R" geht die Steuerung mittels Analog-Stick hier locker von der Hand, und nur die automatische Kameraführung sorgt gelegentlich für Verwirrung. Zwar darf man zur besseren Übersicht auch selbst Hand an die L- und R-Buttons sowie ans Steuerkreuz und somit an die Perspektive legen, doch springt der Blickwinkel sofort zurück, wenn sich die Spielfigur bewegt. Hochgeschwindigkeitsfreunde seien jedoch beruhigt: In den zum Frustrieren eines Playstation-Besitzers hervorragend geeigneten High-Speed-Intermezzi (wer kennt nicht die immer wieder gezeigte Szene mit dem Orca-Wal, welcher Sonic durch den ersten Level jagt?) genügt es, stur nach vorne zu steuern, egal, wie oft sich die Perspektive verändert!

Doch auch sonst erweist sich die Verfolgerkamera als echtes Schätzchen. Einer der Gründe, die mich bislang an "Sonic"-Spielen störten, war die eingeschränkte Sicht: Oftmals raste man blindlings durch die Levels, nur um einem unvermittelt auftauchenden Gegner in die Arme zu laufen. Damit ist nun endgültig Schluß, da die Sichtreichweite derlei unliebsame Überraschungen (fast) von vornherein ausschließt. Endlich kann man sich wirklich ungestört dem Geschwindigkeitsrausch hingeben, und genau davon lebt dieses Spiel! Schließlich soll nicht verschwiegen werden, daß in den Action Stages der Weg generell vorgegeben wird und nur die eine oder andere Abkürzung eine kurzzeitige Alternative bietet. Doch so war es immer, so wird es immer sein, und solange das Resultat derart gut spielbar bleibt, wird auch nie jemand etwas dagegen haben...

Technik



Als ich die erste Zwischensequenz in Spielgrafik mitansehen mußte, war ich zunächst geschockt: DARAN wollen die Jungs fünf Jahre lang gearbeitet haben? Auch der gleich zu Beginn ausgetragene Kampf mit dem Wasserwesen Chaos (nicht zu verwechseln mit den niedlichen kleinen Zuchtviechern!) sah nicht gerade nach einem neuen Grafikstandard aus. Sollte die ganze Euphorie etwa verfrüht gewesen sein? Nicht wirklich: Schon die erste echte Stage entschädigte für den schwachen Auftakt mit rasanten Kamerafahrten und der oben erwähnten Verfolgungssequenz mit dem Orca.

Wirklich originell (und eigentlich nicht ganz verständlich): Statt neu(gierig)e Spieler an den mittlerweile aufgestellten Demonstrations-Konsolen gleich zu Beginn durch eine Monster-Optik wegzubeamen, steigert sich das Grafikniveau im Laufe der Levels... Schwamm drüber, für Besitzer des Games ist dieser Zustand natürlich ideal. Genauso ideal wie die Option, das Spiel unter 60Hz (verträgt jeder halbwegs moderne Fernseher) zu starten. Auf diese Weise läuft das Game im Vollbildmodus statt mit den bei Playstationtiteln üblichen NTSC-Balken am oberen und unteren Screenrand!

Weniger ideal ist meiner Meinung nach die Tatsache, daß zwar deutsche Untertitel eingeblendet werden können, die Sprachausgabe jedoch wahlweise in englisch oder japanisch erfolgt - schließlich ist das Spiel laut USK "geeignet ohne Altersbeschränkung", also auch für die Allerkleinsten! Abgesehen davon ist auch die restliche Soundkulisse stark gewöhnungsbedürftig, da die abgefahrenen Musikstücke sicher nicht jedermanns Geschmack sind. Dafür finden einmal mehr die klassischen Soundeffekte Verwendung, weshalb sich Veteranen sofort heimisch fühlen.

Ergebnis



Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Was Sonic seit jeher auszeichnet, ist Speed in Reinkultur, und davon hat "Sonic Adventures" reichlich zu bieten. Von einem Ruckeln konnte zumindest ich nichts erkennen, und die 3D-Perspektive fügt sich nahtlos in das klassische Gameplay ein. Nette Details wie zum Beispiel die Kurzzusammenfassung bei Wiederaufnahme eines gespeicherten Abenteuers zeugen von der Mühe der Programmierer, einen rundum gelungenen Dreamcast-Einstand aufs Parkett zu legen. Lediglich einige Kleinigkeiten wie die erwähnten Kameraprobleme oder die nach wie vor sofort tödlichen Stürze in die Tiefe kratzen etwas am hochglanzpolierten Lack dieses Spiels. Einen wahren Sonic-, Dreamcast- und/oder High-Speed-Fan wird das jedoch nicht weiter stören: "Sonic Adventure" gehört in jede gut sortierte Spielesammlung! (Markus Ziegler)

Wertung