Sonic Adventure 2

Entwickler:  Sonic Team
Vertrieb:  Sega/Bigben
URL:  www.sega-europe.com
Genre:  Jump'n'Run
Spieler:  1-2
System:  Dreamcast

Story - Gameplay - Präsentation - Fazit - Wertung


Zunächst einmal auch von mir herzlichen Glückwunsch und alles Gute zum zehnten Geburtstag des blauen Wunderigels. Möge das Sonic Team auch nach dem Untergang der Dreamcast noch viele Sonic-Spiele hervorbringen!

An Ideen für Hintergrundgeschichten sollte es der Truppe zumindest nicht mangeln, denn letztlich geht es in jedem neuen Abenteuer stets um das Gleiche: Dr. Ivo Robotnik alias Dr. Eggman bemüht sich (un-) redlich, in den Besitz aller sieben sagenumwobener Chaos Emeralds sowie des noch viel sagenumwobeneren Master Emeralds zu gelangen. Natürlich sind diese Edelsteine in den unterschiedlichsten Szenarien versteckt (der Master Emerald tendiert dazu, bei jeder Gelegenheit in kleinste Splitter zu zerbrechen), weshalb sich Sonic, Tails und Co. in allerhand mehr oder minder exotischen Locations mit den Schergen des üblen Doktors herumschlagen müssen.

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Auch diesmal ändert sich daran prinzipiell nichts, allerdings hat Sonic Team einige inhaltliche Variationen gegenüber dem Vorgänger vorgenommen. So wurden kurzerhand die drei unbekannteren Nebencharaktere Amy, Big sowie Roboter E-102 entfernt und durch drei spielbare böse Jungs (bzw. Mädels) ersetzt: Shadow stellt dabei eine sinistre Kopie Sonics dar, Robotnik stampft wie Tails in einem raketenbestückten Walker durch die Gegend, und Fledermaus Rouge klettert analog zu Knuckles durch weitläufige, frei begehbare Levels auf der Suche nach Kristallsplittern und Schlüsseln. Insgesamt existieren daher nur noch drei verschiedene Arten von Leveldesign, doch die Einsparungen gehen weiter: So wurde der kontrovers diskutierte Adventure-Part der Vorgänger komplett gestrichen, für Abwechslung sorgen nun einzig und allein kurze Cutscenes und natürlich die (mäßig originellen und bleischweren) Bosskämpfe... sowie der Umstand, dass sich die Protagonisten nun automatisch nach jedem Level ablösen. Ganz recht: Während es früher einzelne Handlungsstränge für jeden Helden gab, entscheidet man sich nunmehr lediglich für eine Storyline (gut oder böse) und muss fortan abwechselnd die verschiedenen Akteure zum nächsten Spielabschnitt steuern. Erst wenn beide Geschichten zum scheinbaren Ende gebracht wurden, lässt sich der letzte Spielabschnitt mit seinen beiden eisenharten Bossgegnern anwählen, wo Super Sonic (und Shadow) zu ihrer Höchstform auflaufen.

Keine Sorge, ganz so stumpfsinnig, wie sich das jetzt anhören mag, ist "Sonic Adventure 2" selbstverständlich nicht. Zum Einen enthält das Spiel wieder die beliebten Chaos, kleine Kreaturen, welche Tamagotchi-like umsorgt, unterhalten und mit allerhand Chemikalien gefüttert werden wollen. Anschließend lassen sich die putzigen Wesen in Rennen zu Lande, zu Wasser und in der Luft anfeuern oder gleich auf die VMS exportieren, wo sie sich auf die Suche nach weiteren Items (z.B. neuen Pflanzen für ihre insgesamt drei Brutstätten) machen. Zum Anderen verstecken sich aber auch diesmal wieder allerhand Extra-Aufgaben auf der GD, die der echte Hardcore-Spieler (höchstwahrscheinlich) lösen will: Insgesamt existieren für jede der rund zwei Dutzend Stages fünf Herausforderungen, welche jeweils eines der begehrten Sonic-Embleme ergeben. Hat man einen Abschnitt freigespielt, kann dieser jederzeit direkt angewählt werden. In der Regel müssen dann eine gewisse Anzahl an Ringen und Punkten erreicht oder eine vorgegebene Zeit unterboten werden. Nebenbei gilt es, versteckte Chaos zu finden oder den Level auf einem höheren Schwierigkeitsgrad zu bewältigen. Und wem das alles noch immer nicht reicht, der findet neben einem an "F-Zero" erinnernden Kartrennen noch unterhaltsame Zweispielerversionen der meisten Stages – zweifellos das spaßigste Feature!

Die Steuerung der Spielfiguren orientiert sich weitgehend an der des Vorgängers, doch auch sie wurde um einen wichtigen Aspekt beschnitten: das freie Umsehen. Während die fehlende Übersicht in den hektischen Highspeed-Levels von Sonic und Shadow nicht weiter ins Gewicht fällt, haben die anderen Akteure um so mehr darunter zu leiden. Speziell, wenn man sich 50 (in Worten: fünfzig) Minuten lang mit der Suche nach dem letzten Splitter des dämlichen Master Emeralds herumgequält hat, nur weil man die Kamera nicht frei positionieren darf und deswegen einen winzigen Felsen in weiter Ferne übersehen hat, fragt man sich ernsthaft, weshalb das Sonic Team dem Spieler diese Möglichkeit genommen hat. Zumal die nur rudimentär schwenkbare Perspektive oftmals alles andere als glücklich gewählt wurde. So gehören auch für Robotnik und Tails blinde Sprünge auf Bonusplattformen zum Alltag, und nur die unbegrenzten Continues (das Spiel speichert automatisch den letzten erreichten Level, alle gefundenen Power Ups etc.) verhindern einen höheren Frustfaktor.

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Das ist jedoch alles vergessen, wenn man die detaillierten, hochauflösenden, farbenfrohen und in aller Regel flüssig animierten 3D-Landschaften zu Gesicht bekommt. Besonders Sonics und Shadows Hochgeschwindigkeitslevels fallen schlichtweg spektakulär aus, doch auch Knuckles'/Rouges Suchabschnitte können mit einigen hübschen Animationen, Lensflare- und Wassereffekten aufwarten. Etwas langweilig wirken da oftmals die linearen Stages von Robotnik und Tails, was nicht zuletzt an der niedrigen Geschwindigkeit der beiden liegen dürfte – es geht eben nichts über Sonic, der mit knapp 300 km/h eine senkrechte Hauswand hinunterrast!

Auch die Musikbegleitung ist einigermaßen gut gelungen, wobei in der Regel erneut Motive aus dem ersten "Sonic Adventure" Verwendung finden. Jeder Akteur hat seinen eigenen Soundtrack, vor allem Knuckles' Rap-Stücke können mit einem gefälligen Groove aufwarten. Über die englische Sprachausgabe breitet man hingegen besser den gnädigen Mantel des Schweigens. Optional kann zwar die japanische Fassung angewählt werden, doch existieren für die (seltenen) Rendervideos leider keine Untertitel, wodurch sich diese Option fast von selbst verbietet. A propos Untertitel: Klar, dass Sega derzeit an allen Ecken und Enden sparen muss, aber die Qualität der deutschen Übersetzungen lässt wirklich schwer zu wünschen übrig. Typische englische Redewendungen werden wörtlich ins Deutsche übertragen, Tipp- und Kommafehler runden das düstere Bild ab.

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Allen Unkenrufen zum Trotz: Sonic ist einfach klasse. Was man von Tails und Knuckles leider nicht behaupten kann. Im Klartext: Auch diesmal stehen Sonics pfeilschnelle Stages wieder einmal für höchsten spielerischen Genuss, die anderen Levels wirken dagegen etwas unbeholfen, ja, manchmal einfach nur lästig. Leider stellen die Sonic-Abschnitte nur einen erwartungsgemäß kleinen Teil des Spiels, die Bosskämpfe sind wesentlich unspektakulärer als beim Vorgänger, und auch die Aufteilung in zwei große und eine finale Kampagne nimmt dem blauen Igel etwas an Schwung.

Doch Frustpassagen hin, Kameraprobleme her, unter dem Strich ist auch "Sonic Adventure 2" ein gelungenes und vor allem technisch hervorragendes Spiel, das in keiner Sonic-Sammlung fehlen darf. Und eines ist sicher: Kein Spieler wird hier das Handtuch werfen, bevor er nicht den finalen Obermotz aus dem Weg geräumt hat – garantiert! (Markus Ziegler)

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System:  Dreamcast
Grafik:  9,5
Sound:  6,5
Spielspaß:  8
Dauermotivation:  9
GESAMT:  8,5 (von 10)