Soul Calibur

Entwickler:  Namco
Vertrieb:  Sega
Genre:  Beat'em Up
Spieler:  1-2
System:  Dreamcast

Story



"This is a tale of swords and souls, eternally to be told", so begann das Intro des Vorgängers "Soulblade", und jedes Spiel endete mit einem überzeugten "The legend will never die!" Spielhallengänger konnten sich bereits im Frühjahr selbst davon überzeugen, nun lebt die Legende auch an der Dreamcast weiter: "Soul Calibur" ist da und setzt neue Maßstäbe im Beat'em-Up-Genre.

Das Szenario ist weitgehend dasselbe geblieben: In einem fiktiven 16. Jahrhundert kämpfen insgesamt 19 spielbare Charaktere um den Besitz des legendären Schwertes Soul Edge, allerdings sind nur 10 dieser Nahkämpfer von Anfang an verfügbar. Nach dem Vorbild von "Tekken" lassen sich 8 der versteckten Kombattanten durch Siege im Arcade-Modus freischalten, den finalen Obermotz Inferno erhält man erst, nachdem alle Secrets erspielt wurden - und das sind jede Menge! Die Wahl der Waffen umfaßt neben diversen Kurz-, Lang-, Breitschwertern, Naginatas, Äxten und Nunchakus diesmal auch einen Kampfstab (Bo) sowie eine kuriose Mischung aus Schwert und Peitsche. Wie gewohnt betritt jeder Charakter die Arena mit seinem ganz persönlichen Lieblingsinstrument, das nach Erwerb des entsprechenden Secrets in drei verschiedenen Designvarianten zur Verfügung steht. Besonders beeindruckend sind in diesem Zusammenhang die Katas (für Nicht-Martial-Arts-Fans: Vorführungen), welche nach dem Freischalten im Museum-Modus betrachtet werden können und immer mal wieder als Demo ablaufen.

Gameplay



Alles! Es gibt einfach alles, was man sich (derzeit) nur vorstellen kann: Beginnen wir mit dem Optionsmenü: Die Belegung des Pads bzw. des sehr zu empfehlenden Arcade Sticks ist selbstverständlich frei wählbar, das Zeitlimit ist variabel und kann ganz deaktiviert werden; selbst die Anzahl der zum Sieg benötigten Kampfrunden läßt sich bis auf 5 hochschrauben oder gleich ins Unendliche treiben! Diese Option ist logischerweise nur im Duell mit einem menschlichen Spieler sinnvoll, und das auch nur dann, wenn beide einen absoluten Favoriten unter den sehr abwechslungsreichen Charakteren gefunden haben. Keine Frage, daß sich auch der Schwierigkeitsgrad in fünf Stufen variieren läßt, der sichtbare Bildausschnitt dem Fernseher angepaßt werden kann, und darüber hinaus die volle Auflösung bei 60Hz unterstützt wird.

Als Bonus für Spielhallenveteranen darf die Anzeige der Special Moves und Combos von ihrer üblichen X-Y-A-B-L-R-Schreibweise auf das Arcade-Format umgeschrieben werden, was speziell Benutzern eines Arcade Sticks eine große Hilfe sein dürfte. Ach ja: Erwähnte ich schon, daß sich jederzeit eine deutsche Online-Hilfe einblenden läßt, welche die Befehle erklärt, Tips im Missionsmodus gibt und sogar die Siegessprüche nach einem gewonnenen Kampf übersetzt? Jawohl, alle Screentexte (abgesehen von der Modusauswahl) sind in sehr ordentlichem Deutsch gehalten, was von Segas Bemühungen bei der Lokalisierung zeugt. Weiter so!

Kommen wir zum eigentlichen Spiel. Gibt es jemanden hier, der NICHT weiß, wie ein klassisches Beat'em Up abläuft? Na schön, zur Sicherheit erkläre ich kurz das grundlegende Spielprinzip von "Soul Calibur": In einer ebenen, begrenzten Arena stehen sich zwei bewaffnete Streithähne gegenüber und versuchen, ihr Gegenüber K.O. zu schlagen oder gleich aus dem Ring zu werfen. Wer auf diese Weise als erster eine festgelegte Anzahl von Siegen für sich verbuchen kann, wird zum Sieger erklärt, gelangt in die nächste Runde und trifft auf den nächsten Gegner. Das Kampfsystem basiert dabei auf Segas legendärer "Virtua Fighter"-Serie und benutzt vier Buttons: Guard (Verteidigen), horizontaler Schlag, vertikaler Schlag und Kick (im folgenden kurz G, A, B und K genannt).

Werden A, B und K gleichzeitig gedrückt, sammelt der Kämpfer neuerdings seine Energie, wodurch der nächste Treffer besonders vernichtend wirkt. Dieses aus der "Tekken"-Serie übernommene Feature kommt im normalen Spiel zwar so gut wie nie zum Einsatz, sorgt aber für einige nette Lichteffekte. Neu im Vergleich zum Vorgänger ist weiterhin die Möglichkeit, sich völlig frei im Ring zu bewegen (früher gab es nur kurze Sidesteps), außerdem wurden die weiten Sprünge und Pounces (Spezialattacken gegen am Boden liegende Opfer) abgeschafft. Zwar mochte ich diese persönlich ganz gern, doch wirken die hitzigen Bodengefechte nun trotz aller Special Moves zugegebenermaßen etwas realistischer als bisher.

Neben den obligatorischen Arcade- und VS- sowie den populären Team-Battle-, Time-Attack- und Survival-Modi verdient das Training noch eine kurze Erwähnung. Zwar wurde wieder kein motivierendes Punktefeature wie seinerzeit in "Fighters Megamix" implementiert, doch hilft eine andere Idee, das Timing bei ausgefallenen Kombinationen zu perfektionieren: Auf Knopfdruck darf man sich nun die Kommandos nicht mehr nur anzeigen, sondern auch gleich vorführen lassen. So erkennt man sofort, ob der ausgeführte Move dem geplanten entsprach bzw. wo der Fehler lag. Ein weiterer Beleg für Namcos Liebe zum Detail!

Doch nun zur interessantesten Spielart, dem Mission Mode: Ähnlich wie in "Soulblades" Edge Master Mode ziehen die Kämpfer hier um die ganze Welt (kurioserweise fehlt Amerika, immerhin die Heimat eines der Teilnehmer). Allerdings darf nun jederzeit die Spielfigur gewechselt werden, und alle Missionen stehen allen Teilnehmern offen - vorausgesetzt, man hat sie sich bereits erkauft. Dies geschieht folgendermaßen: Für gewonnene Kämpfe erhält der Spieler Punkte (übrigens auch in den anderen Spielmodi). Diese wiederum werden benötigt, um in einer zwölf Bilder umfassenden Galerie sogenannte "Art Cards" zu erwerben. Unter ihrem repräsentativen Äußeren verstecken sich gelegentlich neue Missionen, neue Karten-Kategorien sowie weitere Goodies wie neue Kostüme, Stages, Katas (s. o.), ein spezieller Survival-Modus und sogar die Möglichkeit, sein eigenes Intro zu kreieren. Insgesamt existieren 338 dieser Karten, wobei besonders die Fan-Art-Abteilung recht originell ist.

Jede Mission stellt den Spieler vor neue Aufgaben, die immer schwerer zu lösen sind: Mal ist man vergiftet und verliert ständig Energie, mal sinkt man im Treibsand ein oder wird von Ratten gepiesackt. Gelegentlich gibt es sogar explosive Arenen à la "Dead or Alive" oder heftigen Seitenwind, hin und wieder kämpft man gegen ein unerbittliches Zeitlimit und/oder nacheinander gegen mehrere Opponenten. Interessant sind auch Stages, in denen nur Würfe oder unblockbare Moves zum Sieg führen bzw. der Kampf erst nach einer bestimmten Anzahl an Treffern endet. Hat man all diese Prüfungen absolviert und auch zweimal die Endstage hinter sich gebracht (hier erhält man nach einem erfolgreichen Schlag etwas Energie zurück), werden sämtliche Missionen abermals freigeschaltet. Nun warten pro Austragungsort noch zwei besonders harte Nüsse, und eine neue Galerie lockt mit (relativ unattraktiven) Postern für bis zu 3000 Punkte (zum Vergleich: die ersten Art Cards kosten 10 Punkte)! Also nochmals die Zähne zusammengebissen, denn erst wenn die ganze Welt restlos erobert und alle Karten erspielt sind, gibt es den eingangs erwähnten Endgegner...

Technik



Toll. Fulminant. Grandios. Phänomenal. Ähhh... Unglaublich. Spitze. Das sind in etwa die Attribute, welche ich mit der Spielgrafik assoziiere. "Soul Calibur" zeigt erstmals wirklich, wozu die Dreamcast fähig ist. Die Grafik ist hochauflösend, bildschirmfüllend, flüssig und rasend schnell. Sogar die Schatten der Kämpfer sind perfekt. Und wenn ich "perfekt" sage, meine ich nicht das immer wieder geforderte "arcade perfect" im Sinne einer detailgetreuen Spielhallenumsetzung: "Soul Calibur" sieht auf der Dreamcast ohne Übertreibung weit besser aus als am Automaten, und zwar in fast allen Belangen! Die Schatten sind um ein vielfaches detaillierter, die Texturen höher aufgelöst und (wenn ich mich nicht irre) mit Bumpmap-Effekten versehen, einige neue Animationen wurden hinzugefügt, die Auflösung hochgeschraubt, Clippingfehler beseitigt und und und. Während die Arcade-Version noch starke Ähnlichkeiten mit dem Vorgänger und seinem Playstation-Ableger aufwies, spielt die Dreamcast-Konvertierung in einer eigenen Liga. Gerade die eingangs erwähnten Kampfstil-Demonstrationen setzen neue Maßstäbe: Ich behaupte ganz einfach mal, daß es noch nie etwas Vergleichbares in Sachen Motion-capturing gab, egal auf welchem Spielesystem!

Natürlich wäre ich nicht Bad-Karma-Ziegler (schönen Gruß an Ubi Soft), wenn ich nicht auch hier etwas auszusetzen hätte: Namco war in den vergangenen Jahren für die besten Rendervideos überhaupt verantwortlich, höchstens noch erreicht von Square und kürzlich auch Capcom. Hier gibt es keine einzige Sekunde davon zu sehen! Selbst beim Intro setzen die Japaner ausschließlich auf die In-game-Grafikengine. Das hat zwar den Vorteil, daß die gezeigten Charaktere per Editor selbst ausgesucht werden können, etwas enttäuschend ist die Sache trotzdem. Schwerer jedoch wiegt das Fehlen von animierten Abspännen: Einige braun-weiße Standbilder, sonst nichts. Was soll das? Selbst bei "Soulblade" gab es Abspänne in Spielgrafik (die man übrigens selbst beeinflussen konnte), und jetzt, mit der neuen Wahnsinnsengine, geht das nicht mehr? Was bringt es da, daß ich die Einzelbilder beliebig oft im Charakterprofil anschauen darf? Schade, das WÄRE meine erste Grafik-10 überhaupt gewesen - naja, es muß wohl auch noch Platz für Verbesserungen geben...

Davon gibt es beim Sound ebenfalls nicht viele: Die orchestralen Begleitstücke gehen gut ins Ohr, schade nur, daß nicht wie beim Vorgänger auch neuarrangierte Stücke zur Auswahl stehen. Dafür wissen die Kampfschreie und sonstigen Soundeffekte zu gefallen, und (weitgehende) Lippensynchronität ist ja noch immer keine Selbstverständlichkeit im Genre. Um den gelungenen Technik-Gesamteindruck abzurunden, sei noch angemerkt, daß die Ladezeiten angenehm kurz (im Survival-Modus kaum spürbar) ausfallen und die Steuerung präzise auf Anweisungen reagiert - vermutlich stellt der Arcade Stick jedoch noch eine deutliche Verbesserung dar! Oh, fast hätte ich's vergessen: Selbstverständlich verfügt "Sould Calibur" über eine Autoload- und -save-Funktion, die einem lästige Arbeit (wie in VF3tb) abnimmt.

Ergebnis



Die Kurzform: Dieses Spiel rechtfertigt die Anschaffung einer Dreamcast-Konsole.

Etwas präziser: Die phänomenale Grafik dürfte selbst eingefleischte Sega-Hasser (und davon gibt es seit dem Saturn-Eklat doch einige) eines besseren belehren. "Soul Calibur" ist ein technischer und spielerischer (in dieser Reihenfolge) Traum für jeden Beat'em-Up-Fan. Selbst Namco wird es schwer haben, diese eigene Meisterleistung eines Tages zu übertreffen, von Tecmos angekündigtem "Dead or Alive 2" ganz zu schweigen... (Markus Ziegler)

Wertung