Spirit of Speed 1937
Entwickler: |
Broadsword Interactive |
Vertrieb: |
Acclaim |
Genre: |
Rennspiel |
Spieler: |
1 |
System: |
Dreamcast |
Story
Also, eines muss man
Acclaim ja lassen: Die trauen sich was! Während alle (PAL-) Welt auf
den Release des Referenz-Beat'em-Ups "Dead or Alive 2" wartet, wirft der
Publisher heimlich, still und leise ein Produkt auf den Markt, mit dem
Ex-Simulationsspezialist MicroProse bereits Anfang dieses Jahres baden
gegangen ist. Dabei wäre der Ansatz theoretisch gar nicht so verkehrt:
Mit 15 klassischen Rennzigarren aus den 30er-Jahren brettert man über
neun überwiegend historische Pisten. Neben Zeit- und Einzelrennen
sowie der obligatorischen Meisterschaft steht auch ein Szenariomodus zur
Auswahl, in welchem auf verschiedenen Rennstrecken mit vorgegebenen Wagen
bestimmte Platzierungen erkämpft werden müssen. Klingt doch nicht
übel, oder? Schließlich gelang Papyrus mit "Grand Prix Legends"
vor anderthalb Jahren ein vielbeachteter Ausflug in die Gründertage
der Formel 1, warum sollte das nicht auch hier möglich sein?
Gameplay
Doch auch wenn der Gedankengang
logisch war, die Ausführung macht alle Pläne zunichte. Es fällt
schwer, den richtigen Einstieg zu finden, so viele gewichtige Mängel
verleiden einem den Spaß an "Spirit of Speed". Beginnen wir
mit dem offensichtlichsten: Niemals kommt tatsächlich so etwas wie
ein Gefühl für die Geschwindigkeit auf. Und das, obwohl es ohne
Probleme möglich ist, eine Spitzkehre mit 150km/h anzufahren. Zwar
versuchten die Designer ihr Möglichstes, um durch unrealistisch hohe
Geschwindigkeiten (das C-Modell der Auto Union erreicht im Spiel Höchstwerte
von über 300km/h, obwohl im Handbuch ausdrücklich darauf hingewiesen
wird, dass der Fabelrekord dieses Wagens bei 240 Stundenkilometern liegt)
dieses Manko zu beheben, doch vergebens.
Selbst in "schnellen"
Kurven wäre man immer wieder versucht, auszusteigen und Gänseblümchen
zu pflücken - wenn es da welche gäbe. Zu allem Überfluss
ist die Streckengrafik nämlich um keinen Deut detaillierter als seinerzeit
am PC. Nichtsdestotrotz ruckelt die Polygonoptik sowohl im gestauchten
50- als auch im Vollbild-60Hz-Modus mit einer Leidenschaft, die an der
Dreamcast ihresgleichen sucht. Verständlich, dass man da gelegentlich
zu heftig am Steuer reißt, doch keine Sorge: Auch wenn das Kollisionsmodell
sowohl Banden als auch Konkurrenten gegenüber katastrophal schlecht
ist und sich die eigene Kiste sofort in die Botanik dreht, bleiben aufgrund
des fehlenden Schadensmodells Fahrzeugdefekte aus. Lediglich um Reifenabrieb,
Benzin- und Ölverbraucht muss man sich Sorgen machen, weswegen einem
selbst bei lächerlichen vier Runden ein Tankstopp nicht erspart bleibt.
Viele solcher Details
bremsen den Spielspaß: Der Rennausgang hängt einzig allein vom
gewählten Fahrzeug ab - selbst auf dem härtesten der drei Schwierigkeitsgrade
lässt man im Alfa Romeo Bimotore (das Schätzchen ist rund 30
Sachen schneller als die Karren von Mercedes und Auto Union) die komplette
Konkurrenz ohne Mühe stehen, ohne dass der Wagen wesentlich schwieriger
zu steuern wäre. Das optionale Qualifying geht über die komplette
Renndistanz und ist an Ödnis kaum zu überbieten. Die Rückspiegel
in der Cockpitansicht sind blind und die (Original-) Armaturen ebenso unleserlich
wie die Schrift im Hauptmenü. Beim Umsehen wird manchmal (nicht immer)
auf eine externe Kamera umgeschaltet, die anschließend erst wieder
eine Sekunde lang nach vorne schwenken muss. Computergesteuerte Fahrzeuge
scheinen nie auftanken zu müssen. Die Anzahl der zu fahrenden Runden
lässt sich nicht manuell wählen.
Und last, but surely not
least: "Spirit of Speed 1937" ist ein Solospiel! Kein Splitscreen, keine
Online-Option, nichts! Wann gab es das zuletzt? Bei "Lotus Esprit Turbo
Challenge" am Amiga? "Rage Racer" an der Playstation? Also bitte...
Technik
Nun, das meiste über
die langsame, ruckende und karge 3D-Optik findet sich schon weiter oben
im Text, bleibt noch zu erwähnen, dass weder das minimalistische Renderintro
noch die nach einem Sieg kurz eingeblendeten und völlig nichtssagenden
Zeitungsmeldungen irgendwas zur Verbesserung der Atmosphäre beitragen.
Auch die unglaublich eintönigen Motorengeräusche, das gelegentliche
Klicken eines Schalthebels oder das Quietschen von durchdrehenden Reifen
versucht vergeblich, Anschluss ans Mittelmaß zu finden. Besser gefallen
da schon die Musikstücke, welche mit alten Charleston-Rhythmen ein
wenig über die unsagbar tristen und fürchterlich wenigen Auswahlmenüs
hinwegtrösten.
Noch ein Wort zur Unterstützung
des Vibrationspacks: So etwas Lächerliches sieht bzw. fühlt man
nur selten - selbst der gröbste Crash bleibt völlig ohne Auswirkungen,
gerät man jedoch aufs Bankett, so setzt (mit etwa einsekündiger)
Verspätung ein monotones Rütteln ein. Nun ja, so wird das konsequent
schlechte Erscheinungsbild des Spiels zumindest nicht durch ein positives
Detail getrübt...
Ergebnis
Möglicherweise habe
ich meine Meinung ja nicht deutlich genug klargemacht, also sage ich es
noch einmal direkt: "Spirit of Speed 1937" ist eine Vollpleite, die in
wirklich allen relevanten Kategorien Mängel aufweist. Oder, wie mir
das Spiel nach Erringen des zweiten Platzes bei einem Szenariowettbewerb
mitteilte: "Deine Niederlage auf diesem großen Kontinent hast Du
das Zeichen zum Abzug der Briten gesetzt" - und das, obwohl ich defaultmäßig
mit einem teutonischen Mercedes unterwegs war. Alles klar? (Markus Ziegler)
Wertung
System |
Dreamcast |
Grafik |
3 |
Sound |
4 |
Atmosphäre |
5,5 |
Spielspaß |
2,5 |
Dauermotivation |
0,5 |
GESAMT |
2 (von 10) |