Starlancer

Entwickler:  Digital Anvil/Warthog
Vertrieb:  Ubi Soft
Genre:  Space-Shooter
Spieler:  1-8 (Internet)
System:  Dreamcast

Story


Unter dem Digital-Anvil-Label (und den finanziellen Fittichen von Softwareriese Microsoft) versammelte "Wing Commander"-Erfinder Chris Roberts nach seinem Weggang von Origin einen Großteil seiner Ex-Kollegen - logisch, dass man sich zunächst auf vertrautem Terrain bewegen wollte. So ist die Hintergrundstory noch das originellste Spielelement: Im 22. Jahrhundert hat der Mensch das bekannte Sonnensystem erschlossen und kolonisiert. Jede Industrienation hat ihre eigene Flotte im All, doch wird der Machtkampf zwischen Ost und West auf einer rein wirtschaftlichen Ebene ausgetragen. Das ändert sich, als eine getarnte russische Armada mit einem Überraschungsangriff die gesamten französischen und italienischen Streitkräfte auf dem Mars auslöscht und einen Planeten nach dem anderen mit Krieg überzieht, wobei auch schwere zivile Verluste zu beklagen sind.

Leider zögert die östliche Koalition nämlich nicht, ihre überlegene Technologie einzusetzen: Tarnkappenbomber zerstören Flüchtlingskonvois, Großkampfschiffe attackieren Raumbasen, und Warp Gates transportieren ganze Flotten hinter die alliierten Linien. Nicht immer gelingt es, diese Anschläge zu verhindern, doch dank der tatkräftigen Unterstützung des 45sten Freiwilligengeschwaders, welchem ganz zufällig auch der (bis auf sein frei wählbares Rufzeichen) anonyme Spieler angehört, gewinnt die Allianz langsam wieder die Oberhand. Nach den anfänglichen Rückzugsgefechten, Rettungs- und Geleitschutzübungen geraten im weiteren Verlauf der insgesamt 24 Missionen somit zunehmend feindliche Raumkreuzer, Forschungsstationen sowie komplette Raumbasen unter Beschuss.

Gameplay


Der weitgehend lineare Spielverlauf der PC-Version wurde auch auf der Dreamcast beibehalten, nicht jedoch das schmückende, letztlich aber nichtssagende Beiwerk. So spart man sich nun langweilige Märsche durch die vorgerenderten Korridore der Trägerschiffe, die (abbrechbaren) Radionachrichten werden automatisch nach Abschluss eines jeden Einsatzes wiedergegeben. Was bleibt, sind die kargen, aber einigermaßen informativen Mission Briefings sowie die Wahl des bevorzugten Raumjägers. Mit ansteigendem Dienstgrad werden nach und nach zwölf Schiffe verfügbar, welche sich in puncto Panzerung, Feuerkraft und Extras (z.B. verfügen die meisten US-Modelle über eine nützliche Zielhilfe) unterscheiden und vor dem Start noch individuell bewaffnen lassen.

Ist dies erledigt, donnert man umgehend dem nächsten der genreüblichen Jump Points entgegen und wirft sich in die Schlacht. Wenn die Bordlaser die Gegner reihenweise in Weltraumschrott verwandeln, kommt augenblicklich das alte "Wing Commander"-Feeling auf. Angriffe auf riesige Schlachtschiffe sorgen für einen Hauch von "Star Wars", und auch die Torpedoattacken auf diverse Lüftungsschächte erinnern an Luke Skywalkers erste Gehversuche. Dabei ist es mit bloßem Drauflosballern selbst auf der niedrigsten der drei Schwierigkeitsstufen aber wieder einmal nicht getan: Ignoriert man beispielsweise Hilferufe oder lässt wichtige Flottenteile des Gegners entkommen, ist mit harscher Kritik zu rechnen. Zwei oder drei dieser Fehlschläge in Folge beenden die Pilotenlaufbahn fast ebensoschnell wie die Kollision mit einer tödlichen Weltraummine. Glücklicherweise darf nach jedem erfolgreich absolvierten Auftrag der Spielstand gespeichert werden. Ist der Dreamcast-Pilot nach einem Einsatz nicht zufrieden mit seiner Leistung, bietet sich ihm außerdem die Möglichkeit, direkt aus dem Debriefing heraus die Mission erneut zu versuchen, um mit etwas mehr Glück vielleicht diesmal die zum Rangaufstieg erforderlichen Abschüsse vorweisen zu können.

Soweit so bekannt. Wie sieht es jedoch mit den Qualitäten der Dreamcast-Umsetzung aus? Antwort: Erfreulich gut! Die Stick-/Tastatursteuerung der PC-Version wurde hervorragend auf das Konsolenpad übertragen und in entscheidenden Punkten vereinfacht. Die analogen Schulterbuttons regeln die Schubkraft, drückt man beide Tasten gleichzeitig, passt sich die Geschwindigkeit automatisch der des erfassten Zieles an. Des weiteren erspart man sich neuerdings die manuelle Aktivierung des Sprungtriebwerkes sowie einen Großteil des Funkverkehrs. Selbst eine Landeerlaubnis braucht nicht mehr eingeholt zu werden, es genügt, seinen Jäger in die Nähe des Mutterschiffs zu dirigieren. Überhaupt wirkt das ganze Spiel jetzt stromlinienförmiger und zugänglicher, wodurch man sich ganz auf seinen Job als Jägerpilot konzentrieren kann.

Eine kurze Erwähnung verdient im Gegensatz zur langweiligen "Instant Action"-Bonusoption für Solisten noch der Multiplayermodus: Bis zu acht Teilnehmer dürfen sich hier über eine Internetverbindung in sechs abwechslungsreichen Deathmatch-, Capture-the-Flag- und Tag-Varianten bekriegen. Ob die Online-Hatz durch die Asteroidenfelder genauso populär wird wie seinerzeit in PC-Netzwerken, darf zwar bezweifelt werden (schließlich stand der Windowsfraktion noch ein zusätzlicher kooperativer Modus offen, welcher das Durchspielen der kompletten Singleplayer-Geschichte erlaubte), ein nettes Feature ist sie jedoch allemal...

Präsentation


Auch die grafische Umsetzung ist recht gelungen, von einigen unschönen Rucklern bei hohem Feindaufkommen und in den Echtzeit-berechneten Cutscenes einmal abgesehen. Ansonsten weiß die Windows-CE-Konvertierung jedoch durch detaillierte 3D-Objekte, hübsche Explosionen und Lichteffekte sowie das auf der Dreamcast obligatorische 60-Hertz-Vollbild zu gefallen. Lediglich die Texturen wirken stellenweise nicht ganz so scharf wie auf dem PC, und einige Effekte (z.B. die bei einem Treffer aufblinkenden Schilde) müssen offensichtlich mit weniger Polygonen auskommen. Die aufwendigen Rendersequenzen (in ihrer Qualität vergleichbar mit dem Wing-Commander-Kinofilm) werden hingegen relativ sauber abgespielt, alles in allem kann der optische Gesamteindruck also durchaus überzeugen.

Das gilt in gleichem Maße für die zahlreichen (englischsprachigen) Funksprüche der Flügelleute, welche ebenso wie die orchestrale Musikbegleitung viel zur Atmosphäre beitragen. Da kann man es sogar fast verzeihen, dass weder eine deutsche Übersetzung noch Untertitel das Verständnis der Briefings erleichtern. Lediglich die schriftlichen Nachbesprechungen erleichtern die Orientierung in der Starlancer-Welt - und das auch nur, wenn der Pilot sein Schulenglisch nicht vergessen hat! Nachdem die miserable deutsche Synchronisation am PC nämlich nur Hohn und Spott erntete, beschlossen Crave (ursprünglicher Publisher) respektive Ubi Soft, die Kosten für eine lokalisierte Konsolenumsetzung einzusparen. Vorteil: Man darf die gnadenlos akzentbeladenen Funksprüche seiner deutschen und japanischen Waffenbrüder im Originalwortlaut genießen. Nachteil: Germanische Piloten haben unter Umständen keine Ahnung, was genau in einer Mission von ihnen verlangt wird.

Ergebnis


Keine Frage: Starlancer ist ein schönes Actionspiel und eine überraschend gut gelungene PC-Umsetzung. Leider wurde die menschliche Komponente, welche stets einen wichtigen Bestandteil der WC-Saga bildete, stark vernachlässigt. Längere Zwischensequenzen gibt es nur selten zu bewundern, der ehemals übliche Rundgang über das Schiff entfällt ebenso wie die obligatorischen Romanzen. Selbst die eigenen Kameraden bleiben weitgehend anonym, wodurch die intrigenreiche Story etwas verflacht.

Doch damit genug gemeckert! Starlancer knüpft nahtlos da an, wo "Wing Commander Prophecy" seine Fans vor knapp drei Jahren zurückließ und versorgt endlich auch die Dreamcast mit einem routiniert designten Space-Shooter: Hektische Dogfights, überraschende Wendungen, eine gelungene Präsentation und nicht zuletzt die hervorragende Steuerung machen Digital Anvils Debüttitel auch auf der Konsole zu einem Fest für alle Weltraum-Cowboys. (Markus Ziegler)

Wertung


System  Dreamcast
Grafik  8,5
Sound  8
Spielspaß  8,5
Dauermotivation  8
GESAMT  8,5 (von 10)