Tekken 4

Entwickler:  Namco
Vertrieb:  Sony
URL:  www.playstation.de
Genre:  Beat'em Up
Spieler:  1-2
System:  PS2

Story - Gameplay - Präsentation - Fazit - Wertung


Es ist wieder einmal soweit: Zum vierten Mal lädt Heihachi Mishimas Konzern, die Mishima Zaibatsu, zum "Iron Fist Tournament". Diesmal winkt dem Sieger gar die komplette Firma als Preis – kein Wunder, dass sich Schläger aus aller Welt berufen fühlen, Heihachi eins auf die Glatze zu geben. Seit dem dritten Turnier sind zwei Jahre vergangen, doch gibt es einige Unterschiede in der Mannschaftsaufstellung. Neben zwei echten Newcomern (Boxer Steve Fox und Vale-Tudo-Meister Craig Marduk) nimmt Capoeira-Tänzerin Christie Monteiro den Platz ihres Mentors Eddie Gordo ein, und Jin Kazama hat sich eigens die Mühe gemacht, einen völlig neuen Karate-Stil zu trainieren. Recht so, denn unter den Aspiranten befindet sich diesmal auch wieder sein Vater Kazuya (Held aus "Tekken" und Endgegner in "Tekken 2"), und DREI Vertreter der Mishima-Schule wären im eher überschaubaren Teilnehmerfeld wohl doch unangenehm aufgefallen. Insgesamt melden sich 20 Titelanwärter, aufgrund der üblichen Kostüm- und Namenswechsel (Kuma und Panda, Christie und Eddie...) stehen theoretisch sogar 24 Kämpen bereit, ihren Namen in die Geschichts- (und Grund-) Bücher eintragen zu lassen.

Hintergrundinfo: Tekken ist DIE Erfolgsstory unter den 3D-Beat'em-Ups schlechthin – wenn es nach europäischen und nordamerikanischen Maßstäben geht. In Japan stets im Schatten des realistischeren Virtua Fighter, gelang Namcos Prügelserie hierzulande dank seiner einfacheren Bedienung und spektakuläreren Moves der große Durchbruch. Nach drei PlayStation-Umsetzungen erschien mit "Tekken Tag Tournament" eine Art "Best of Tekken" für die PS2. Als Quasi-Launchtitel war dieses Spiel der erste System-Seller für Sonys 128-Bitter, bot neben einem witzigen Bowling-Bonusgame und dem titelgebenden Tag-Team-Modus aber nur wenig Neues.

Das sollte sich mit Teil vier ändern, und so ließen sich die Namco-Entwickler einiges einfallen: Mit echten 3D-Arenen (nebst Hindernissen und Wandmanövern), aber auch neuen Charakteren wollten sie der neu erstarkten VF-Serie Paroli bieten. In japanischen Spielhallen und Wohnzimmern scheint diese Rechnung zwar nicht hundertprozentig aufgegangen zu sein, doch steht mit US- und Europa-Release die tatsächliche Bewährungsprobe noch bevor.

Story - Gameplay - Präsentation - Fazit - Wertung


Die erste Neuerung ist prinzipiell zwar technischer Art, beeinflusst jedoch auch das eigentliche Spiel in nicht unerheblichem Maße: Erstmals kann ein PAL-Tekken mit einem 60Hz- und sogar mit einem Progressive-Modus aufwarten! Wer noch nie eine Import-Version sein Eigen nannte, wird über den Geschwindigkeitszuwachs erstaunt sein. Zwar sei zu Sonys Ehrenrettung gesagt, dass auch der 50Hz-Modus sauber an das Vollbild angepasst wurde, doch spielen sich die ansonsten angenehm hektischen Kämpfe dann wie mit angezogener Handbremse. Ein Blick auf die restlichen Optionen enthüllt das vertraute Bild: Schwierigkeitsgrad (leicht bis ultraschwer), Rundenzahl (1 bis 5), Abwehrschaden, Pad-Konfiguration und Screen-Einstellungen (inklusive Wahl zwischen versoftetem und schärferem Bild!) lassen sich den eigenen Vorlieben anpassen.

Auch die gebotenen Spielmodi bieten Tekken-Veteranen kaum Überraschungen: Neben dem neuen Story-Modus, der sich lediglich durch einige zusätzlich eingestreute Standbilder und deutsch untertitelte Erzählpassagen von früheren Solospielen unterscheidet, stehen die bekannten Survival-, Time-Attack-, Team-Battle-, Übungs- und VS-Alternativen zur Auswahl. Daneben gibt es auch die aus "Tekken 3" bekannte "Tekken Force", bei der man sich nach dem Vorbild klassischer Sidescroller durch vier weitläufige Szenarien schlägt. Leider wird der eintönige Kampf gegen die Heerscharen maskierter Prügelknaben sehr schnell langweilig, und nach jedem Lebensverlust muss die komplette Stage wiederholt werden. Der Schwierigkeitsgrad zieht zwar erst im vierten Level an, dann aber greifen Heihachis Schergen zu immer unfaireren Angriffsmustern, weshalb dieser Spielmodus schon nach wenigen Versuchen seinen Reiz verloren hat. Auch der prinzipiell sehr interessante Trainingsmodus, bei dem in möglichst kurzer Zeit eine vorgegebene Reihe von Angriffsmanövern ausgeführt werden muss, kann sich leider nicht mit seinem Gegenpart in "Virtua Fighter 4" messen. Zum einen wechselt die Darstellung der Tastenkombinationen nicht mit der Blickrichtung des Spielers (sehr nervig!), zum anderen fällt sie gelegentlich so unpräzise aus, dass selbst durch wiederholtes Versuchen nicht klar wird, wie genau der jeweilige Move jetzt auszuführen ist.

Generell ist das leicht überarbeitete Bewegungsrepertoire ein zweischneidiges Schwert: Viele bewährte Kombinationen wurden in ihrer Durchschlagskraft stark beschnitten, erfordern ein neues Timing, oder wurden (in ganz wenigen Fällen) um höchst zweifelhafte Angriffe ergänzt. Ein schönes Beispiel hierfür wäre Julias neuer Roundhouse-Kick, der zwar spektakulär anzusehen ist, jedoch eine derart kurze Reichweite hat, dass der Gegner buchstäblich in Wurfreichweite stehen muss, um überhaupt getroffen zu werden. Hinzu kommt, dass die Kollisionsabfrage nach wie vor einen winzigen Tick zu unpräzise arbeitet, was gerade in den schicken Zeitlupen-Replays gut zu sehen ist.

Klingt enttäuschend? Keine Sorge: Die oben genannten Kritikpunkte sind lediglich winzige Flecken auf einer ansonsten weißen Weste, die weder Neulingen auffallen noch echte Tekken-Fans vom Kauf ihres Lieblingsspiels abhalten werden. Das Combo-lastige Spielsystem mit seinen simplen Special Moves und überzogenen Wurfanimationen bleibt weitestgehend unangetastet, und die neuen 3D-Backgrounds sorgen für spielerische Abwechslung: Wer es schafft, seinen Gegner in die Ecke zu drängen, ohne selbst durch das neue Positionstausch-Manöver an die Wand gedrückt zu werden, darf auf besonders einfache Mehrfachtreffer und erhöhten Schaden hoffen.

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"Tekken 4" brilliert einmal mehr durch phänomenal kurze Ladezeiten, von denen sich VF4 eine dicke Scheibe abschneiden könnte. Grafisch wird durch die Bank solide Oberklasse geboten: Die Hintergründe selbst fallen zwar nur mäßig detailliert aus, können jedoch mit ordentlichen Wasseranimationen und hübschen Partikeleffekten (Rauch, Dampf etc.) aufwarten. Des Weiteren überzeugt die konstant hohe Framerate, und ein Flimmern fehlt (auch bei der schärferen Bildeinstellung) völlig. Nicht zuletzt wirken einige der zerstörbaren Objekte erstaunlich plastisch (am besten gefällt mir in dieser Hinsicht eine Nachbildung der Laokoon-Gruppe, welche in einer Hotellobby zu finden ist:-), und in einem düsteren Keller lassen sich sogar unvorsichtige Zuschauer von den Füßen holen. Allerdings wirken diese durch ihre sehr niedrige Polygonzahl vergleichsweise hässlich.

Auch die Kämpfer selbst bieten Anlass zur Kritik: Außer mit einer vergleichsweise niedrigen Polygondichte enttäuschen einige ältere Kämpfer (beispielsweise Nina Williams) durch Animationen, die sich seit Teil eins der Serie praktisch nicht verändert haben. Dies fällt besonders im direkten Vergleich mit den vorzüglich animierten Newcomern auf, insbesondere Boxer Steve überzeugt durch sehr lebensechte Ausfallschritte, Jabs und Uppercuts. Zum Trost gibt es endlich wieder vorgerenderte Abspann-Movies, die nach dem Durchspielen wie gewohnt auch direkt anwählbar sind. Doch obwohl die meisten nett in Szene gesetzt wurden und zum Teil sogar richtig unterhaltsam ausfallen, wird nie ganz die Klasse der "Tekken 3"-Filme erreicht.

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Auch wenn dieser Test sich hier und da anders liest: "Tekken 4" ist keineswegs ein schlechtes Beat'em Up, und Fans der Serie werden mit Sicherheit auf ihre Kosten kommen. Es sollte jedoch gesagt werden, dass der einstige Spitzenreiter im direkten Vergleich mit den Konkurrenten "Dead or Alive 3" und "Virtua Fighter 4" kräftig Federn lassen musste. Die kantige Grafik, die fehlenden Bonusspiele der Vorgänger, die leicht unpräzise Kollisionsabfrage – all das stößt objektiven Betrachtern sauer auf. Somit belegt der vierte Teil von Namcos Prügelsaga einen undankbaren Mittelplatz zwischen dem spielerisch unerreichten "Virtua Fighter 4" und dem technisch überragenden "Dead or Alive 3". Der Sympathiebonus der Vorgänger wird zwar vermutlich auch diesmal wieder für die höchsten Abverkaufszahlen sorgen, doch fragt es sich, wie lange dieser noch vorhält, besonders, wenn Namco mit "Soul Calibur 2" einen weiteren hauseigenen Anwärter auf den Beat'em-Up-Thron ins Rennen schickt.... (Markus Ziegler)

Story - Gameplay - Präsentation - Fazit - Wertung


System:  PS2
Grafik:  9
Sound:  8
Spielspaß:  9
Dauermotivation:  7,5
GESAMT:  8,5 (von 10)