Virtua Fighter 4

Entwickler:  Sega
Vertrieb:  Sony
URL:  www.sega-europe.com
Genre:  Beat'em Up
Spieler:  1-2
System:  PS2

Story - Gameplay - Präsentation - Fazit - Wertung


Fragt man deutsche Spieler nach ihrem liebsten Kampfsportspiel, liegt die "Tekken"-Serie klar an erster Stelle. Manche erwähnen "Dead or Alive", nur wenige erinnern sich an Namcos Dreamcast-Hit "Soul Calibur", "Virtua Fighter" wird praktisch überhaupt nicht genannt. Das könnte sich mit Teil 4 der Serie jedoch radikal ändern. Dabei hat sich zumindest bei der Hintergrundgeschichte nicht gerade viel getan: Wieder lockt ein wildes Sammelsurium fadenscheiniger Vorwände die Kämpfer in den Ring, wieder gibt es keine Charakter-eigenen Abspänne, und wieder erfährt man nicht allzu viel über die Ausrichter des Turnieres. Das Intro verzichtet gar auf die wenigen gerenderten Szenen von Teil 3 und zeigt lediglich (in einer enttäuschenden Movie-Qualität) eine Abwandlung des Arcade-Vorspanns. Schwach.

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"Zu schwierig", "zu wenig spektakulär", "gibts nicht für die PlayStation" – diese Vorwürfe musste sich Segas Prügelreihe stets gefallen lassen. In der Tat gibt sich auch VF4 nicht übermäßig einsteigerfreundlich: Wo bei der Konkurrenz oft schon blindes Tastendrücken zum Erfolg führt und die Konsole dem Spieler mit einer automatischen Abwehrfunktion unter die Arme greift, zählen hier in erster Linie Taktik und blinde Beherrschung der eigenen Spielfigur. Wer seinem Gegner die volle Packung geben will, sollte also dringend die eine oder andere Stunde in den drei Trainingsmodi absolvieren.

Zuvor steht jedoch die Wahl des eigenen Prügelknaben an: Soll es der ungestüme Karateka Akira, das blitzschnelle Kung-Fu-Girl Pai, der furchterregende Wrestler Wolf oder doch lieber der heimtückische Ninja Kage sein? Insgesamt 13 Charaktere stehen zur Auswahl, wobei wieder so originelle Kampfstile wie Drunken Fist Boxing, Aikido und Mantis (Gottesanbeterin) Style vertreten sind. Bis auf den Sumoringer Taka Arashi sind alle VF-Veteranen mit von der Partie, mit dem Shaolin-Mönch Lei Fei und der muskelbepackten Vale-Tudo-Schlägerin Vanessa Lewis feiern zudem zwei vielversprechende Neulinge ihr Debüt.

Leider hat es Sega wie schon erwähnt auch diesmal wieder versäumt, eine packende Hintergrundgeschichte mitzuliefern, weshalb die Fighter mehr oder weniger unmotiviert die Arena betreten – Storymodus: Fehlanzeige. Für den kurzen Adrenalinschub zwischendurch bleibt so nur der Arcade-Modus – ein bis fünf Runden pro Kampf und fünf verschiedene Schwierigkeitsgrade bieten hier für jeden Geschmack das Richtige. Wirklich interessant wird die Sache jedoch im Kumite-Modus: Hat man sich einen Kämpfer ausgesucht und auf Memory Card gespeichert, werden hier immer schwerere Matches gegen zahlreiche, von Fans trainierte Gegner (s.u.) ausgetragen. Als Belohnung winken neue Outfits sowie der Aufstieg in höhere Ränge. Selbstredend darf man mit seinem solchermaßen dekorierten Charakter auch gegen den Champion eines menschlichen Mitspielers antreten.

Womit wir auch schon beim originellsten, aber auch schwierigsten Spielmodus in "Virtua Fighter 4" wären: Dank eines ausgeklügelten KI-Systems kann ein computergesteuerter Kämpfer erstellt und trainiert werden! Im Übungsmodus bringt man ihm neue Moves bei, welche anschließend in Duellen mit einem menschlichen oder auch "echten" Computergegner zum Einsatz kommen. Während des Fights beschränken sich die Eingriffsmöglichkeiten darauf, gelungene Aktionen zu loben und schlampig ausgeführte Angriffe zu tadeln. Die Entwicklung der Charakterwerte für Angriff, Block usw. erfolgt dann automatisch. Leider ist dieser Modus aufgrund des sich ständig wiederholenden Trainings sowie der anfangs unvermeidlichen Niederlagen recht frustrierend, weshalb wohl nur die wenigsten Trainer auf Anhieb einen ernstzunehmenden KI-Fighter auf die Beine stellen werden.

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'Warum sollten sie auch', werden manche fragen, wo man als aktiver Spieler doch eine derart präzise Steuerung geboten bekommt? Hat man sich erst einmal an die klassischen drei Buttons (Verteidigung, Faustschlag, Fußtritt) und das hohe Spieltempo (sowie die vergleichsweise langen Ladezeiten) gewöhnt, gehen selbst komplizierte Manöver locker von der Hand. So bleibt genug Zeit, um die optischen Qualitäten von VF4 gebührend zu würdigen: Geschmeidige Charakterbewegungen, Effekte wie aufspritzendes Wasser oder niedergetrampelter Schnee, herumwirbelnde Blätter und allerlei Hintergrundanimationen erfreuen das Auge, auch wenn nie ganz das Niveau von "Dead or Alive 3" erreicht wird. Dafür wirken die Kämpfer deutlich erwachsener und somit realistischer als Tecmos Fighter, und auch die zahlreichen Lichtspielereien (in einer Stage werden die Kombattanten von einem kreisenden Hubschrauber angestrahlt) brauchen sich nicht zu verstecken.

Da sieht man dem Spiel schon mal nach, dass sich soundtechnisch in den letzten Jahren nicht viel getan hat. Die treibende Synthesizer-Rockmusik klingt ja noch einigermaßen passend, die ewig gleichen Schlaggeräusche hätten jedoch wirklich eine Generalüberholung verdient, und mal ehrlich: Es sollte einfach anders klingen, wenn ein 100-Kilo-Schläger auf Holzbohlen knallt, als wenn ein halb so schweres Mädel auf einem sandigen Untergrund zu Boden geht...

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Um es noch einmal klar zu sagen: "Virtua Fighter 4" ist kein blindes Gekloppe für jedermann. Wer aber bereit ist, etwas Zeit in Trainingsmatches (vorzugsweise gegen Freunde) zu investieren, findet selbst nach Wochen noch Möglichkeiten, seinen Kampfstil zu verbessern. Der Kumite-Modus fällt für europäische Verhältnisse zwar etwas zu langatmig aus (oft muss man 20 und mehr Kämpfe bestreiten, um zum nächsten Titelmatch zugelassen zu werden), das geniale KI-Training kann diese Schwäche jedoch fast vollständig ausbügeln.

Schade nur, dass wie bei Sega leider üblich praktisch keine Extras geboten werden: Weder versteckte Bonuskostüme noch Charakter-spezifische Abspänne (sehr enttäuschend!) motivieren zum wiederholten durchspielen, kein Storymodus führt Neulinge in die Welt von VF4 ein. Dies soll sich im Herbst jedoch zumindest in Japan ändern. Dort wird derzeit die um zwei neue Kämpfer erweiterte "Evolution"-Version des Spiels getestet, welche angeblich speziell für Solospieler etliche neue Herausforderungen (à la "Soul Calibur") bereit hält. Wollen wir hoffen, dass die PS2-Umsetzung bald auch ihren Weg nach Deutschland findet... (Markus Ziegler)

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System:  PS2
Grafik:  9
Sound:  6,5
Spielspaß:  9,5
Dauermotivation:  9
GESAMT:  9 (von 10)